Die ARD-Reportage vom Montag erhitzt noch immer die Gemüter. Bei genauer Betrachtung lebt die Argumentation der Sendung von drei negativen Beispielen. Wir beginnen mit dem Bio-Schweinefleisch. Die in der ARD gesehenen Bilder von Bioschweinen sind eklig und kein Vorbild für die Biobranche. Wir haben sicher das Problem, dass es für Biofleisch und für die Mast von Schweinen in Bioqualität in Deutschland wenig Konzepte gibt.

In Deutschland muss alles immer extrem sein: entweder billigste Masse oder total zurück zur Natur. Der Verbrauch von Bio-Fleisch geht also erst mal zur Hälfte auf das Konto Hackfleisch und leider fehlt bei vielen eben auch die richtige Zunge, um wirklich gutes Fleisch schon am Geschmack zu erkennen. Dass die Bio-Legehennenhaltung ein Massengeschäft ist, ist bekannt. Bei 80 Millionen Deutschen die 6 % ihrer Eier in Bioqualität nehmen, schmeckt auch hier in allererster Linie Discountqualität zum Endverbraucherpreis um die 26 Cent Pro Ei. Aber auch bei Legehennen gibt es durchaus Unterschiede. Die gestammelten Erklärungen, dass der beklagenswerte Zustand der Hennen im Bild nun allein auf das Ende der Legeperiode zurückzuführen seien und nicht auf die Haltungsbedingungen, sind nicht besonders überzeugend. Natürlich kann man den Massenbedarf nicht aus Ställen mit 500 Legehennen decken, aber man kann auch größere Legebetriebe tiergerechter gestalten als die schlimmen Beispiele, die Naturschützer immer wieder finden. Dann aber kostet ein Bio-ei schon eher 30 Cent. Und da muss man dann wieder die Verbraucher an ihre Nase fassen. Es geht im Kern der Diskussion um die Frage, wie sich Verbraucher für bessere Lebensmittel entscheiden.

Die in den Fernsehbeiträgen gestellte Frage nach deutschen Kartoffeln ist eine sehr spezielle: Die Überzeugungsarbeit für den möglichst langen Bezug deutscher Kartoffeln muss weit im Vorfeld geleistet werden und nicht erst am Ende Saison nach Lagerlage geführt werden. Da muss man eben auch die andere Seite verstehen. Die Handelsketten wollen in den Basisprodukten ihre Qualitäts- und Liefersicherheit und sicher auch eine Restunabhängigkeit von den deutschen Hauptlieferanten.

Manches läüft sicherlich nach wie vor nicht optimal, weder die gesamte Bio-Schweinemast noch die gesamte Bio-Eierproduktion, aber in diese Kette gehört dann auch, dass immer noch an der falschen Stelle Lebensmittelanbauflächen für Biomasse und Bioenergie verschwendet werden. Ist das ein Anlass, von zweierlei Bio zu reden? Das müsste prinzipiell nicht sein. Denn das Abstellen dieser Verstösse gegen die Grundabsichten von Bio ist ebenso ein notwendiges Anliegen wie das, Bio so bezahlbar wie möglich zu machen – und eben nicht mehr als das. Und wir konnten fast überall on Europa sehen, dass mit realistischen Bio-Preis auch der Biokonsum stieg. Das will keiner mehr zurückdrehen. Und das böse Märchen, dass böse Handelsketten allein solche Mißstände direkt verursachen kann dann doch nur der Albtraum eines kleines Tante-Emma-Bio-Ladens gewesen sein, gegen den ich zwar persönlich nichts habe, der aber vielleicht auch nicht gewillt, die Wünsche und Probleme zu teilen, die auch Alnatura und Dennree an den Markt haben.

Sicher, wenn man einen Wunsch haben dürfte, dann den, dass alle, die Bio ihren Kunden offensiv anbieten, auch in ihren Produkten und Angeboten echte Liebe für Bio zeigen und deshalb beste Bio-Qualität und die ohne Kompromisse und Abstriche bieten.                                     Dr. Klaus-Jürgen Holstein