Nicht gerade selten hört man in Lebensmittel- und Handelskreisen, dass der eigene Job mit dem, was man kannte, kaum noch zu vergleichen sei. Soweit Übereinstimmung. Danach aber scheiden sich die Geister. Da diejenigen, die sich unter dem Vorwand nicht endender Beschäftigung einkapseln und dort diejenigen, die zumindest dann und wann eine Zwischenfrage an die notdürftige Routine zulassen.

Was sind derzeit die die Kernfragen: Soll man generell auf vegane und vegetarische Angebote setzen? Wo sind die Energie-Grenzen technisch hoher Verarbeitung und Ausstattung? Welche Lieferquellen sind sicher und zuverlässig? Wo stimmt die gewohnte Preisbrille nicht mehr? Von der Rohware und deren Herkunft, über Herstellverfahren bis zur Verpackung könnte man angesichts der Erfahrungen der letzten Zeit vieles auf den Prüfstand stellen.

Trotz einiger spezifisch klingenden Schlagworte wie Lieferkettenprobleme, Kostensteigerung, Ressourcen- und Lebensmittelverschwendung, Transport- und Mengenunsicherheit ist diese Lage alles andere als branchenspezifisch nicht nur bei Lebensmitteln oder im Lebensmittelhandel. Eine sehr spannende Überlegung zu der Grundsituation brachte das Magazin „brandeins“ aus einem Gespräch mit Insa Klasing:

Wir brauchen die Akzeptanz, dass Veränderung das Einzige ist, was normal ist. Das ungewohnte muss willkommen sein. Menschen, die in der Krise aufblühen, haben tendenziell eine positive Bewertung von Veränderung. Veränderung ist ja auch spannend.“ Bezogen auf die Krisen der letzten zwei, drei Jahre mögen diese Aussagen einigen wie Frevel klingen. Aber ist das wirklich berechtigt?

Hätte sich eine europäische Lebensmittelbranche ohne die dramatischen Umstände des letzten Jahres sonst derart konzentriert mit der Rolle der Ukraine nicht nur als Lückenbüßer, sondern als Lieferpartner beschäftigt? Nach meiner Erfahrung wohl kaum. Hätten sich derart viele Menschen ohne die Infektionsausbrüche der letzten Jahre mit dem generellen Einfluss von Lebensweise und Ernährung auf ein starkes Immunsystem beschäftigt? Wohl kaum.

Und die weiterführend spannende Frage dazu lautet insgesamt: Wird dann auch ohne die dramatischen Begleitumstände weiterhin danach gehandelt? Eine der schleichend tiefgreifenden Wahrheiten sagt uns, dass wir seit kurzer Zeit acht Milliarden Erdenbewohner sind und dabei lebt die wirtschaftlich starke Minderheit von vielleicht einem Viertel der Menschen so, als ob sie die Ressourcen der gesamten Erde für sich verbrauchen dürfte.

Die Herausforderung: Zurzeit gibt es viele Unebenheiten auf einmal, die alle gelöst werden wollen. Und es gibt auch kein Grundproblem, von dem die Lösung aller anderen Schwierigkeiten abhängt.

Deklinieren wir dies an einem Fallbeispiel: Nehmen wir beispielsweise einen natürlich gereiften Käse, dessen Reifung, Behandlung spätere Verschickung für den Vertrieb natürlich die allseits bekannten Mehrkosten für Energie hat, obwohl ein solches Produkt ja keinen hohen technischen Aufwand benötigt. Im Verhältnis sind auch die Kosten Kostensteigerungen für Verpackung und die wenigen Mitarbeiter noch durchaus in einem darstellbaren Rahmen. Das Hauptprodukt für solch einen schön und natürlich gereiften Käse ist die Milch. Ja und? Die hat ein ganz anderes Problem: das Klima, die starke Trockenheit der Wiesen, die den Milchertrag der Tiere dramatisch einbrechen ließ.

Die wichtigste Aufgabe der Lebensmittelbranche in diesen Zeiten der Veränderung: den Menschen den Spaß am Essen mit immer wieder frisch angepassten und klimafreundlichen Rezepten neu zu vermitteln.

Produkte und Rezepte neu denken. Dieser Ansatz löst sehr viele Probleme.Denn nichts überzeugt mehr von einem neuen, gesünderen und klimagerechteren und den Zeitfragestellungen angepasstem Essen als ein guter Geschmack. Dafür gibt es unendliche Beispiele. In dem edelsten Pariser Kaufhaus mit den teuersten Mode- und Designerartikeln werden als Snack lecker belegte regionale Brotschnitten angeboten. Kleine Salate als Zwischenmahlzeit mit Karotten, Linsen, Bulgur oder Quinoa sorgen für schön gewürzte Abwechslung und sind in der Menge genau richtig. Und ein leckerer pflanzlich zubereiteter Snack auf die Hand wäre ja auch besser als ein süßer

Lassen Sie uns weiterhin auf der Suche bleiben nach Inspirationen, nach tollen Geschmackserlebnissen und einer Ernährung, die Freude macht und in unsere Situation passt.

Das Neue ist immer auch die Chance, besser zu sein.