Betrug, Skandal und man redet von Bio-Eiern. Staatsanwaltliche Ermittlungen laufen, nicht nur, aber auch gegen Erzeuger von Bio-Eiern. Der Vorwurf: Sie hielten mehr Legehennen als für die Stallung erlaubt.  Das mögliche Delikt in der Vergangenheit. Der Schaden: Vor allem Rufschaden für die ehrlichen Halter von Bio- und Freilandhennen.

Die zuständigen Kontrolleure: die Länderbehörden, KAT, die Biokontrolleure: Man muss sich fragen, was ihre Kontrollen wert sind. Genauso wenig wie die Beteuerungen der Bundesministerin, die jetzt wieder streng vorgehen will.

Den Schaden hat auch in diesem Fall allenfalls der Handel, bei dem die verunsicherten Verbraucher zurückbleiben. Und der Schaden ist für die da, die ehrlich geglaubt haben, dass sie mit etwas mehr Geld für Bio- oder Freilandeier, sich und dem Tierwohl etwas Gutes tun. Für eine schnelle und wohl klingende Schlagzeile wird der Betrugsverdacht für viele zum Bio-Skandal. Ich habe schon vor Bekanntwerden der Ermittlungen immer wieder gesagt, dass Bio-Eier an klarere Qualitäts-Merkmale zu knüpfen sind als bisher.

Günstige Preise sind nicht alles. Vor allem gibt mangelnde Aufsicht und Kontrolle jetzt wieder einmal denen scheinbar recht die schon immer gesagt haben „In Bio ist sowieso nicht immer Bio drin“. Dagegen helfen keine markigen Sprüche, sondern allein die Gewissheit, dass bei uns ehrlich und lückenlos kontrolliert wird, dass man sich auf die Wahrheit einklagbarer Qualitätszeichen verlassen kann und dass man weiss, dass man mir Bio nicht machen kann, was man will.

Was den jüngsten Skandal mit Bio verbindet ist die Tatsache, dass wahrscheinlich ein emsländischer Bio-Landwirt den Auslöser für die Ermittlungen gab. Er klagte auf Lieferung von mehr Hennen als überhaupt für seine Stallung und Haltung zugelassen. Und das fiel sogar einnem Landgericht auf. Die ansonsten sachgerechteteste Auseinansdersetzung mit dem Thema findet sich bei Utopia:

„200 Höfe unter Verdacht: Der Bio-Ei-Schwindel“ (BILD), „Falsche Bio-Eier“ (SZ), „Betrug mit Bio–Eiern“ (Spiegel). Bestimmt hat Sie in den letzten Tagen eine solche Meldung erreicht und mal wieder einen faulen Beigeschmack an den „guten Bio-Produkten“ hinterlassen. Das wäre bedauerlich, denn der Bio-Eier-Skandal ist kein Bio-Eier-Skandal, sondern ein Eier-Skandal, in dem Bio-Eier auch eine Rolle spielen.

Bio-Eier werden bewusst schlecht geredet

Richtig ist, dass die Staatsanwaltschaft gegen rund 200 Legebetriebe in Norddeutschland ermittelt. 150 davon stehen in Niedersachsen. Richtig ist auch, dass die Betriebe Vorschriften bei der Haltung von Legehennen missachtet haben. Deutlich mehr Hühner wurden in den Ställen gehalten, als es die jeweilige Haltungsform erlaubt. Es trifft aber nicht zu, dass die falsch deklarierten Eier allesamt als Bio-Eier in den Handel gelangt sind, wie es der Spiegel und nachfolgend viele andere Medien fälschlicherweise behaupten. Der eigentliche Verdacht besteht darin, dass bei Eiern aus jeder Haltungsart gegen die Vorschriften verstoßen wurde und sie trotzdem ohne Beanstandung in den Handel gelangt sind.

Von einem reinen Bio-Skandal zu sprechen entspricht also nicht der Faktenlage. Das bestätigte uns auch der niedersächsische Landwirtschaftsminister. Christian Meyer äußerte gegenüber Utopia, dass es noch keine genauen Zahlen bezüglich der Haltungsarten gebe. Es seien wohl einige Bio-Höfe betroffen, aber in großer Mehrheit konventionelle Betriebe mit Freilandhaltung in den Skandal verwickelt. Genauso seien konventionelle Bodenhaltungs- und sogar Kleingruppenhaltungsbetriebe in ungeklärtem Ausmaß betroffen. Zudem ärgert es den niedersächsischen Landwirtschaftsminister, dass die Medien den Eier-Skandal zum Bio-Betrug umtiteln. „Ich werde zwar nicht falsch zitiert, aber in den Medien wird mit irreführenden Überschriften aufgemacht, die bewusst die Bio-Haltung schlecht reden.“

Wir wollen nicht spekulieren, welche Absichten hinter dem Bio-Eier-Bashing stecken. Klar ist, dass sich Überschriften besser verkaufen, die nicht nur allgemein skandalisieren, sondern  eine angeblich gute Sache als trügerisch enttarnen. Verstehen Sie uns nicht falsch, wir wollen den Skandal nicht klein reden. Scheinbar wurden Verbraucher massiv getäuscht. Das verlangt Aufklärung, ein konsequentes Vorgehen gegen die Verantwortlichen und schärfere Kontrollen in der Zukunft. Aber wir wollen den Skandal richtig einordnen.

Freiland-Eier sind keine Bio-Eier

 

Eine mögliche Ursache für das Bio-Eier-Bashing liegt in der irreführenden Bezeichnung der Haltungsformen von Legehennen. Die macht es nicht nur Verbrauchern, sondern auch Medienvertretern schwer zu unterscheiden (beziehungsweise leicht, falsche Meldungen zu generieren). Davon zeugen die Artikel zum Eier-Skandal, in denen „Bio-“ fast deckungsgleich mit „Freilandhaltung“ verwendet wird. In der Tat klingt schon Freiland nach Hühnern, die ihr Leben lang den ganzen Tag auf idyllischen Bauernhöfen Urlaub machen und hin und wieder mal ein Ei legen.

Fakt ist, dass Hühnern in Freilandhaltung tagsüber ein Auslauf von mind. 4 m² pro Tier zur Verfügung steht. Die Bedingungen im Stall entsprechen nur denen der Bodenhaltung: Neun Hennen pro Quadratmeter in riesigen Hallen mit bis zu 6000  Hühnern. Wenn Sitzstangen und Legenester in mehreren Etagen angebracht sind, dürfen es sogar 18 Hennen pro m² sein. Und so kommt es auch in scheinbar idyllischer Freilandhaltung zu Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus.

In der Biohaltung hat jedes Huhn ebenfalls mindestens 4 m² Auslauf und im Stall dürfen maximal 6 Tiere pro Quadratmeter leben. Mindestens ein Drittel der Stallfläche ist ein eingestreuter Scharraum, Legenester und Sitzstangen stehen zur Verfügung. In einem Stall dürfen maximal 3.000 Hennen untergebracht sein. Die Zahlen zeigen, auch in der Bio-Haltung bleiben Hühner Nutztiere, aber ihren Bedürfnissen wird wesentlich besser entsprochen als in der Freilandhaltung.

Welche Eier soll ich kaufen?

Lassen Sie sich durch den Eier-Skandal nicht verunsichern und bleiben Sie unkonventionell! Profitgierige Menschen, die gute Dinge illegal zur ihren Gunsten ausnutzen, wird es immer geben. Der guten Sache wird damit geschadet, aber trotzdem bleibt sie eine gute Sache. Vor dem Eier-Skandal gilt also das Gleiche wie zuvor. Wer Eier im Supermarkt einkauft, sollte ausschließlich zu Bio-Eiern greifen. Für verantwortungsvolle Konsumenten sind Eier aus Käfig- (bzw. Kleingruppen-), Boden- und auch Freilandhaltung keine Option. Bio-Eier haben neben mehr Platz und besseren Verhaltensbedingungen für die Tiere weitere unverzichtbare Vorteile: Prophylaktischer Antibiotikaeinsatz ist verboten. Das Futter wird ohne Pestizide, chemisch-synthetische Dünger und Gentechnik hergestellt.Wenn Sie Eier von Hühnern möchten, die unter noch höheren Standards gehalten wurden, kaufen Sie Bio-Eier der Anbauverbände Demeter, Bioland oder Naturland. Solche bekommen Sie zum Beispiel in Bioläden. Im Eiercode sind auch diese mit einer 0 gekennzeichnet. „

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