Die Diskussion über die Gefahr für die Ernährung hat inzwischen alle erreicht: Vor allem Kinder sollten lernen, sich gesundheitsbewußt zu ernähren. Davon sind wir noch weit entfernt – wie ein foodwatch-Check zeigte und leider sind auch Bio-Lebensmittel hier nur bedingt vorbildlich. Auf diesem Gebiet besteht Nachholbedarf.

Hier die foodwatch-Recherche:

 „Die Produkte, die Lebensmittelhersteller speziell für Kinder vermarkten, sind in den meisten Fällen ernährungsphysiologisch minderwertig. Sie sind stark zucker- oder fetthaltig, aromatisiert und häufig stark verarbeitet. Das gilt keinesfalls nur für klassische Süßigkeiten – auch Lebensmittel, die prinzipiell ausgewogen sein könnten, wie Frühstücksflocken oder Milchprodukte, sind fast immer Zucker- und Kalorienbomben. Zu diesen Ergebnissen kommt der foodwatch-Marktcheck

Über Recherchen in Berliner Supermärkten sowie in den Internetangeboten von Händlern und Herstellen hat foodwatch zwischen April 2011 und Januar 2012 insgesamt 1.514 Produkte als spezielle Kinderlebensmittel identifiziert. Darunter fallen Produkte, die sich durch Bezeichnung, („für Kids“), Aufmachung (mit Comic-Figuren, Spielzeug-Beigaben) oder Aktionen (Online-Spiele, Tipps für Schulreferate) gezielt an Kinder richten.

 Diese Produkte wurden mithilfe der Ernährungspyramide des vom Bundesverbraucherministerium geförderten Vereins „aid infodienst Ernährungsdienst, Landwirtschaft, Verbraucherschutz“ bewertet. Bei diesem Modell werden Lebensmittel in drei Pyramiden-Ebenen einsortiert: Öle, Fette sowie „süße und fettige Snacks“ fallen in die rote Kategorie in der Pyramiden-Spitze – sie sollten nur „sparsam“ verzehrt werden. Milchprodukte und Fleisch fallen in die gelbe Ebene in der Mitte der Pyramide – sie sollten „mäßig“ verzehrt werden. Obst, Gemüse, Getreideprodukte, Wasser oder ungesüßte Tees zählen zur grünen Kategorie im breiten Pyramidenfuß. Die aid-Empfehlung lautet: „reichlich“ verzehren.

 Ergebnisse des Marktchecks:

            1.109 und damit fast drei Viertel der 1.514 Kinderprodukte (73,3 Prozent) fallen nach aid-Kriterien in die „rote“ Kategorie der „süßen und fettigen Snacks“ – von ihnen sollten Kinder täglich nicht mehr als eine Hand voll essen.

            92 Produkte (6 Prozent) gehören in die gelbe Kategorie. Hierzu zählen vorwiegend gezuckerte Milchprodukte.

            Nur 188 Produkte (12,4 Prozent) können der „grünen“ Kategorie zugeordnet werden. Dabei handelt es sich um Obst in verarbeiteter Form (zum Beispiel Apfelmus, Trockenobst), Nudeln, Tomatensauce oder Fruchtsäfte und Saftschoren, die ausnahmsweise als Ersatz für Obst empfohlen werden.

            83 Produkte (5,5 Prozent) fallen in die Zwischenkategorien „gelb-rot“, „grün-rot“ und „grün-gelb-rot“. Hierzu zählt der aid sehr fette Fleisch- und Wurstwaren oder Fertiggerichte, die auch Getreide oder Gemüse enthalten, aber ebenfalls nur ab und zu verzehrt werden sollten.

Damit fallen rund 79 Prozent aller untersuchten Lebensmittel zumindest teilweise in die Kategorie „rot“. Es ist praktisch unmöglich, aus dem Angebot, das die Industrie als Kinderprodukte vermarktet, eine ausgewogene Ernährung zusammenzustellen. Frühstücksflocken sind Süßigkeiten

Frühstücksflocken könnten prinzipiell Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung sein und im grünen Bereich der Pyramide liegen. Die Frühstücksflocken-Produkte von Nestlé und Kellogg’s liegen jedoch aufgrund ihrer hohen Zuckergehalte zu 100 Prozent im roten Bereich.

Bio-Produkte waren leider nur wenig besser

Betrachtet man nur die Bio-Produkte, sieht die Verteilung nur wenig besser: Die deutliche Mehrzahl der Produkte (knapp 58 Prozent) gehört der roten Kategorie an, 29 Prozent werden als grün eingestuft.

Fazit: Industrie stellt Kinderernährung auf den Kopf

Das Fazit des foodwatch-Marktchecks: Die Lebensmittelindustrie stellt die Kinderernährung auf den Kopf. Das Angebot an speziellen Kinderlebensmitteln entspricht ernährungsphysiologisch genau dem Gegenteil dessen, was Ernährungsexperten für eine ausgewogene Ernährung von Kindern empfehlen. Die Hersteller kommen ihrer Verantwortung nicht nach, einen Beitrag zur ausgewogenen Ernährung zu leisten. Im Gegenteil: Ihr Angebot an Kinder leistet der grassierenden Fehlernährung Vorschub“