Über den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sollen – nach EU-Kommissar Dalli – künftig wieder allein die EU-Staaten entscheiden. Sie heißen „1507“, „BT 11“ oder „NK603“. Schon seit Jahren liegen die Zulassungsanträge für diese drei Maissorten – zusammen mit sieben anderen gentechnisch veränderten Produkten – in Brüssel, ohne dass etwas vorwärts geht. Das soll nun anders werden: Künftig dürfen die Mitgliedsstaaten selber entscheiden, ob sie den Anbau erlauben oder nicht. In Brüssel wird nur noch beschlossen, ob das genetisch manipulierte Ergebnis unter gesundheitlichen und ökologischen Gesichtspunkten überhaupt zugelassen werden kann. „Wir geben ein großes Stück der Verantwortung zurück“, sagte EU-Gesundheitskommissar John Dalli zur überarbeiteten Richtlinie.

Doch der Eindruck von Großzügigkeit täuscht. Im Gegenzug verlangt die Kommission von den Mitgliedsstaaten die Zusicherung, Anträge für neue Produkte schneller abzuarbeiten. Einen „riskanten Tauschhandel“ nennt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken das. Kritiker monieren, der Kommissar wolle sich der parlamentarischen Kontrolle entziehen: Eine Zulassung wäre bald Sache der Kommission. Der Agrarministerrat muss zwar weiter gefragt werden. Aber das soll im Schnellverfahren geschehen. Und in den Mitgliedsstaaten sind die regionalen Kontrollbehörden zuständig. Wenn John Dallis „Trick“ funktioniert, hätte Brüssel die nie verhohlene Unterstützung für die Gentechnik endlich durchgesetzt. Die EU-Verwalter fühlen sich nämlich im Nachteil gegenüber der Weltkonkurrenz auf diesem Markt.

Während in den vergangenen zwölf Jahren 150 Gen-Pflanzen weltweit eine Anbauerlaubnis erhielten, wurden in der EU nur zwei Sorten zugelassen. Europa liegt im Geschäft mit Gen-Getreide und – Gemüse weit abgeschlagen hinter Ländern wie den USA, Argentinien, Brasilien und China. Und dabei ist noch nicht einmal die Nutzung für medizinische Wirk- und Impfstoffe in Gang gekommen. Kritiker der neuen EU-Regelung befürchten außerdem, dass es jetzt zu Wildwuchs kommen könnte. Wenn nämlich der Anbau der zuvor zugelassenen Produkte regional und national eigenständig genehmigt werde, bestehe die Gefahr, dass der Wind den Samen verbreite und sich mit „normalen“ Pflanzen vermischen.

Für die Transparenz von Bioprodukten und als genftei deklarierten Produkten wäre es zweifellos besser, wenn die EU auch an diesem Punkt mit einer Stimme sprechen würde.