Nach dem Jahr der Krise ist Bio in Deutschland mehr denn je in der Realität angekommen: Besonders im zurückliegenden Jahr hat sich noch einmal die Fixierung des Bioumsatzes auch immer weniger Kern-Artikel, die die Hauptlast des Umsatzes ausmachen, abgeschliffen. Star-Artikel wie Bio-Karotten und Bio-Bananen haben zwar ihr großes Gewicht behalten, haben allerdings im Gesamtzusammenhang ein Teil ihrer beherrschenden Stellung eingebüßt.

Artikel mit geringem Bio-Mehrwert  sind von spürbar geringerem Interesse. Viele Artikel profitieren davon, wenn sie eine gesicherte Angebots- und Warenpräsenz aufweisen. Sobald selbst ein Discounter zusätzliche Bioartikel aufschaltet und diese auch vorrätig hat bewegt sich der Absatz. Vergleichbares läßt sich für ein gutes Angebot von Bio-Obst und -Gemüse ebenso festhalten, wie bei frischem Bio-Brot. Gemessen der Bedeutung von frischem Brot für die Ernährung in Deutschland hat das Angebot an Bio-Brot seine Möglichkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

Im Genuß- und Geschmacksbereich legt Bio wieder zu

Bio-Käse, Bio-Wein und -Sekt, Bio-Gebäck sind nach wie vor Produktgruppen auf dem aufsteigenden Ast. Das isteine Tendenz, die Deutschland mit vielen seiner Nachbarn in Frankreich und Großbrittanien verbindet. Echte Premiumprodukte finden ihren Markt. Das ist eine Erfahrung, die für einen nicht unwesentlichen Teil der Bioprodukte eine immer bedeutende Rolle spielt. Viele Bioprodukte erhalten ihre Berechtigung durch herausragende Verträglichkeit, einen speziellen Geschmack oder eine besonders raffinierte Rezeptur und machen dadurch den eigenen Produktvorteil unmittelbar erlebbar.

Insgesamt beobachten wir im Markt der verkauften Bioprodukte, dass sich Bild und Gewichtung der Bio-Artikel in Deutschland tendenziell normalisieren. Bioartikel bilden ein immer breiteres Produktangebot, die reinen Verkäufe von Bio-Schwerpunktartikeln schleifen sich und je mehr Bio in eine solche Breite wächst, desto stabiler wird auch die Position dieser besonderen Nische im Markt. Eine allzustarke Konzentradition auf Eckartikel wie z.B. Biokarotten macht dieses Marktsegment ja eher Preisanfällig.

Das neue Schlagwort Nachhaltigkeit

Immer wenn die großen der Branche ein Verbrauchermotiv wie das der Nachhaltigkeit für sich entdecken, mit dem Einsatz für den Regenwald werben und ihr Umweltengagement plakativ herausstellen, ist Aufmerksamkeit geboten. Will man damit im Reich der urprünglichen Biomotivationen fischen? Bei aller Aufmerksamkeit für eine mögliche Verbrauchertäuschung oder jede Form skandalöser Zustände rund um Lebensmittel, muss man eindeutig feststellen, dass der Elan der Naturerhaltung, für einen weltweiten sozialen Ausgleich oder die Lösung der globalen Umweltproblemen deutlich abgenommen hat.

Wenn sich jetzt ein Motiv wie „Nachhaltigkeit“ bei Verbrauchern nach vorne schiebt, dann hat dies wohl eher psychologische Ursachen. Unter „Nachhaltigkeit“ lassen sich eine Reihe tief verankerter Motive und Wünsche gut zusammenfassen wie die Reinheit der Lebensgrundlagen von Luft und Wasser, der Schutz bedrohter Tiere und Pflanzen sowie der Kampf gegen Elend, Not und Hunger. Derartige Motive haben – und da liegt die größte Gefahr – keine zwangsläufige Beziehung zu Bio.

Die größte Gefahr in der Beziehung zu den Verbrauchern besteht darin, dass Biolebensmitteln immer weniger und automatisch die Qualität von Nachhaltigkeit und Gesundheit zugeschrieben wird. Viele aktuelle Auswertungen von Verbraucherbefragungen zeigen, dass die Rolle der zusätzlichen Produktqualitäten in den Augen der Verbraucher deutlich gestiegen ist und, dass gerade die Bioprodukte aufpassen müssen, dass sie in diesem Bereich nicht an Boden verlieren.