Deutschland und Frankreich, die beiden größten Volkswirtschaften der Europäischen Union mit nun mehr Bioanteilen von 8 bzw. 5 Milliarden Euro benötigen für die weitere Lust auf Bioprodukte eine steigende Rohwarenerzeugung in der Nähe. In Frankreich kennt man das, weil es bereits vor dem französischen Bioboom ja seit über 50 Jahre viele Produkte aus geschützten Herkunftsregionen gab, deren Rohware eben auch nur definierten Regionen stammen darf wie etwa Comté- oder Morbierkäse nur aus Teilen der Franche-Comté und dies streng definiert und kontrolliert oder eben der Camembert aus der Normandie. In Deutschland existiert ein solcher Hintergrund nur wesentlich bescheidener.

 Nun würden die deutschen Verbraucher aber heute sehr gerne ihr frisches Biogemüse zum Beispiel aus dem regionalen Umkreis von höchstens 50 km beziehen, hätten gerne Soja, Dinkel, Hafer und Weizen für vegetarische Genüsse aus Deutschland und wundern sich dann, warum ihnen dieser Wunsch nur wenig erfüllt werden kann.

Die Gründe liegen auf der Hand:

Landwirtschaftliche Erzeugung in Deutschland ist selbst beim Einsatz moderner Technik teuer, weil die Pacht für Boden und natürlich auch die Arbeitskräfte teuer sind. Selbst der Einsatz von vielen Saisonarbeitern für Spargel, Erdbeeren, Gurken und allen Produkten die in großem Stil noch manuell geerntet werden, ändert daran nichts.

Bei den für Getreide benötigten Flächen wirkt die Subvention der Energie aus nachwachsenden Rohstoffen bremsend. Viele Flächen gehen dadurch der Lebensmittelproduktion verloren, weil manchen Landwirten diese Einnahmequelle einfacher, sicherer und vielversprechender erscheint. Schon jetzt sehen Fachleute Engpässe im Bereich der für die Bioproduktion benötigten Rohstoffe in Deutschland für 2015 voraus.

Muss man sich also damit abfinden, dass der Wunsch nach regional erzeugten Bioprodukten trotz steigender Nachfrage der Verbraucher nicht erfüllt wird?

Es gibt zumindest einen Weg, das Problem in Zukunft zu lindern. Aber dieser Weg erfordert, dass man sich gerade in einer hochindustrialisierten Gesellschaft erneut mit dem Thema Landwirtschaft beschäftigt. Trotz aller möglichen technischen Möglichkeiten ist ein Teil der landwirtschaftlichen Erträge einfach nicht fest vorausberechenbare: Wetter, Wachstum und Ernte haben – erst recht in einer ernst gemein ökologischen Landwirtschaft – ihre Unwägbarkeiten. Kein Landwirt kann die Qualität oder Erntemenge etwa seines Biogetreides bei der Aussaat schon punktgenau voraussagen. Mit schwankenden Ernteausfällen gibt es eben auch Preisschwankungen. Das ist das, was Handelsketten am wenigsten mögen und – um ehrlich zu sein – noch weniger die Verbraucher.

Aber wie geht es den Landwirten dabei? Es muss festgehalten werden, dass sie bei gleichem Einsatz für einen Teil ihres Ernteergebnisses einfach nicht selbst verantwortlich sind. Sprich, sie benötigen Partner, die diese Situation verstehen und nicht solche die sagen: Die Tonne Weizen, Dinkel, Soja usw. darf eben nur soviel kosten. Genau diese Haltung führt nun an vielen Stellen dazu, dass Landwirte feststellen müssen, dass sie für ihre Arbeit und ihr teils von der Natur abhängige Risiko nicht fair bezahlt werden. Die Folge ist einfach: Sie suchen sich andere Einnahmequellen. Wer also in größerem Stil Bioware aus der regionalen haben möchte, muss auch zulassen, dass die Preise dafür auch noch für einen Landwirt fair bleiben.  Für wenn die Landwirte sicher sein können, dass sie die Einnahmen bekommen, die sie brauchen, werden sie weitermachen. Sonst müssen sich andere Einnahmen suchen. Darin besteht das Umdenken. Verbraucher und Handel müssen sich am Risiko der Biolandwirte beteiligen. Wenn das so geht, dann können die Zwischenträger, also diejenigen Vermittler, die Obst und Gemüse vom Feld einkaufen, diejenigen die Getreide fürs Schälen und die erste Weiterverarbeitung kaufen auch einen Preis zahlen, der angemessen ist. Da müssen eben alle mitmachen. Sprich – wenn man etwas möchte, dann müssen auch die Risiken fair verteilt sein und nicht nur einem zugeschoben werden. Mit solch einem Umdenken könnte es dann auch mehr ehrliche Bioware aus näherer Entfernung geben. Vielleicht längst noch nicht alles nach Wunsch, aber eben mehr.