Den ersten Platz in der Kategorie „Handel“ teilen sich die Rewe Group und Kaufland. Mit ihren großen Filialnetzen nehmen die beiden Händler eine Multiplikator-Rolle für den Fairen Handel ein und erreichen bedeutende Absatzmengen für die Produzentinnen und Produzenten“, erläuterte Stefan Genth die Doppelplatzierung. Die Rewe Group ist Pionier der ersten Stunde in Sachen Fairtrade. Als erster Händler bietet Kaufland über 100 faire Produkte an, setzt auf Mitarbeiterschulung und Verbraucher-Sensibilisierung. Platz drei ging an den Weltladen der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule Lünen. Entwicklungsminister Gerd Müller überreichte den ersten Preis in der Kategorie „Hersteller“ an das Textil-Unternehmen 3Freunde: „Der Preisträger setzt ein wichtiges Signal in der Textilbranche und zeigt, dass es auch anders geht“, so der Minister. „Seit 2006 beweist 3Freunde, dass Innovation und Kreativität, soziale Verantwortung und faire Produktionsbedingungen gut zueinander passen. Andere Produzenten aber auch wir Verbraucher können davon lernen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Ihrem T-Shirt!“ Die Plätze zwei und drei gingen an Wertform und Chocolats Halba.

 Aus der Rede von Entwicklungsminister Müller:

Wir feiern heute Abend den Erfolg des Fairen Handels, und das ist Ihr Erfolg. Der Erfolg vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger, vieler Unternehmerinnen und Unternehmer. Der Erfolg vieler guter Ideen und Initiativen. Der Fairtrade Award ist ein Festival der Kreativität.

Er zeigt uns, dass Nach­hal­tig­keit funktioniert. Dass Wirtschaft, Soziales und Um­welt­schutz Hand in Hand gehen können. Und dass es Spaß macht, sich für eine bessere Welt zu engagieren. 

Die He­raus­for­de­run­gen sind enorm. Zwei Milliarden Menschen haben nicht genug zu essen. Die Weltbevölkerung wächst rasant weiter. Umweltzerstörung und Klimawandel schreiten voran.

Wir brauchen nicht weniger als einen Paradigmenwechsel im Denken und im Handeln, weltweit, sowohl in den Industrieländern als auch in den Ent­wick­lungs- und Schwellen­ländern.

Nach­hal­tig­keit muss das Leitprinzip schlechthin werden! Wir brauchen ein neues Wohlstandsmodell, das auf mehr Lebensqualität setzt und nicht auf immer mehr Ressourcenverbrauch. Nach­hal­tig­keit bedeutet eine gerechte Verteilung von Lebenschancen weltweit.

Der Faire Handel ist ein Vorbild, wie eine bessere Welt aussehen kann:

  • Gute Produkte
  • Arbeit, von der man leben kann
  • Respekt im Umgang mit der Natur
  • Bildung
  • Sozialer Zusammenhalt
  • Echte Partner­schaft von Nord und Süd.

Der Faire Handel ist in Deutsch­land zwar immer noch recht klein, zum Beispiel beim Kaffee mit einem Marktanteil von gut zwei Prozent. Aber er ist sehr lebendig und er wächst rasant, zuletzt mit über 30 Prozent pro Jahr. Das ist das Verdienst von Ihnen allen.

Das Fairtrade-Siegel hat es geschafft, den Fairen Handel auf den Weg in die Breite zu bringen. Auf diesem Weg wollen wir weiter gehen, zu mehr Marktanteilen und einer größeren Produktpalette. Und dazu leisten die vielen Initiativen, die wir heute auszeichnen, einen wichtigen Beitrag.

Besonders wichtig am Fairen Handel ist mir der faire Preis. Er ist es, der den Produzenten Planungssicherheit gibt und ihnen entscheidende In­ves­ti­tio­nen ermöglicht: Zum Beispiel in Grundbildung, in Qualifizierungsmaßnahmen und in die Umstellung auf den Biolandbau.

Davon profitieren derzeit schon über eine Millionen Kleinbauern in Afrika, Asien und Lateinamerika. Es müssen aber noch viel mehr werden. Bäuerinnen und Bauern zu stärken, das ist mir ein zentrales Anliegen!

Das BMZ wird deshalb vermehrt den Fairen Handel vor Ort fördern. Wir haben unsere Richtlinien geändert und können jetzt Nicht­re­gierungs­or­ga­ni­sa­tio­nen auch dabei unterstützen, Produzentinnen und Produzenten zu beraten und neue Märkte zu erschließen. 

Meine Damen und Herren,

der faire Preis ist es auch, der existenzsichernde Löhne für abhängig Beschäftigte ermöglicht. Fairtrade ist hier ein Vorreiter. Mit dem neuen Hired Labour Standard gibt es nun ein  transparentes Verfahren, wie diese Löhne ermittelt und umgesetzt werden sollen. Dieses Ziel wollen wir auch über den Fairtrade-Bereich hinaus mit einem in­ter­na­ti­o­nalen Aktionsplan erreichen. Dazu arbeiten wir zum Beispiel mit der In­ter­na­ti­o­nalen Arbeitsorganisation (ILO) zusammen.

Es darf nicht sein, dass zum Beispiel auf Bananenplantagen und in Textilfabriken Hungerlöhne bezahlt werden und Menschen unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Dass Unternehmen auf dieser Basis im Wettbewerb stehen und Profite machen. Und dass wir in Europa uns dann freuen, wenn wir T-Shirts für einen Euro kaufen können.

In einem Monat, am 24. April, werden wir den weit über tausend Opfern des Rana Plaza gedenken. Katastrophen wie der Einsturz dieser Textilfabrik in Bangladesch dürfen sich nicht wiederholen. Mit unserer bilateralen Ent­wick­lungs­zusam­men­ar­beit leisten wir dafür konkrete Un­ter­stüt­zung vor Ort, sowohl für die Wirtschaft als auch für die lokalen Behörden und die Zivil­ge­sell­schaft. Gemeinsam mit den in­ter­national tätigen Unternehmen wollen wir darüber hinaus verbindliche Lösungen erreichen.

Und wir wollen für die Verbraucher faire Herstellung auch bei Textilien durch ein Siegel klar erkennbar machen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher wird es ab dem nächstem Jahr ein vom BMZ gefördertes, neues Portal geben. Hier können Sie glaubwürdige Siegel eindeutig erkennen, die faire Preise und eine menschenwürdige Produktion garantieren. Dazu wird sicher auch das Fairtrade-Siegel gehören.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Akteure des Fairen Handels produzieren und verkaufen nicht nur faire Waren – sie vermitteln auch wichtige ent­wick­lungs­po­litische Zusammenhänge! Das ist die Grundlage dafür, den Fairen Handel in die Breite zu tragen. Deshalb bin ich auch Schirmherr der Fairen Woche, die im September stattfindet. Sie wird wieder von Tausenden Ehrenamtlichen organisiert werden. Sicher sind viele von Ihnen dabei. Hierfür an dieser Stelle schon einmal: Herzlichen Dank!

Mein Dank gilt auch den vielen Engagierten, die sich täglich zum Beispiel in Weltläden und Eine-Welt-Initiativen für den Fairen Handel einsetzen. Lokale, besonders partnerschaftliche Projekte wie zum Beispiel die sogenannten Stadt-Kaffees sind wichtig, um einen ganz direkten Draht zwischen den Produzenten in den Ent­wick­lungs­ländern und den Menschen bei uns herzustellen. So haben wir beispielsweise daheim in Kempten den Kaffee Allgäu, der natürlich nicht von der Alm kommt, aber direkt aus einer Kooperative in Nicaragua.

Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ Ein neues Wohlstandsmodell, das Perspektiven für alle Menschen weltweit bietet, das ist unser großes Ziel. Und dafür braucht es viele kleine Schritte. Von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, von Unternehmerinnen und Unternehmern und auch vom Staat, der die Rah­men­be­din­gun­gen verbessern und konkrete Initiativen fördern kann.

In den kommenden Monaten werden wir gemeinsam eine Zukunftscharta entwerfen, die unser Handeln in den nächsten Jahren leiten soll – auch Sie sind herzlich eingeladen mitzumachen.

Wenn der Paradigmenwechsel zu einer global nachhaltigen Ent­wick­lung gelingen soll, dann müssen wir alle zusammen arbeiten. Niemand hat ein Patentrezept. Aber der faire Handel, Sie alle, zeigen eindrucksvoll, dass wir sehr viel dafür tun können. Und das feiern wir heute.