Die Weichen für Bio-Wachstum werden neu gestellt: Biowachstum hat sich 2009 im LEH verlangsamt, Vollsortimenter und Herstellermarken wachsen überdurchschnittlich. Internetforen werden zu wichtigen Katalysatoren des Marktwachstums. Nach sehr dynamischen Wachstumsraten in den vergangenen Jahren zeigen Bioprodukte im laufenden Jahr erstmals – über alle Warengruppen hinweg – nur noch eine leichte Aufwärtstendenz. In den ersten neuen Monaten 2009 legte der Bioumsatz im LEH (inkl. Drogeriemärkte) um ein Prozent zu (siehe Abb. 1). Dennoch liegt das Biowachstum damit immer noch über den Entwicklungen des stagnierenden Food-Markts gesamt.

Eine differenzierte Betrachtung des Bio-Marktes lässt allerdings zweifelsfrei erkennen, dass Bio sein Wachstumspotenzial noch längst nicht ausgeschöpft hat. Zum einen beruhten die vormals zweistelligen Wachstumsraten auf dem Distributionsaufbau und Neulistungen im Handel. Immer mehr Händler haben in immer mehr Warengruppen Bio-Produkte aufgeschaltet. „Mit der zunehmenden Verfügbarkeit der Produkte im Regal ist dieses Wachstum mittlerweile an natürliche Grenzen gestoßen, so dass zunächst eine deutliche Abschwächung des Wachstums zu erwarten gewesen ist“, erläutert Brigitte Arndt-Rausch, Bio-Expertin bei The Nielsen Company. Betroffen sind davon vor allem die stärksten Bio-Kategorien alkoholfreie Getränke und Milchprodukte mit überdurchschnittlichen Rückgängen. Dem stehen allerdings Zuwächse in vielen anderen Bio-Warenklassen gegenüber, darunter Rotwein, Bohnenkaffee und Speiseöl. Die Verfügbarkeit von Bio-Produkten im LEH steigt weiter an. Insgesamt sind auch im dritten Quartal 2009 zehn von 19 Bio-Warenklassen gewachsen, teilweise sogar zweistellig.

Zum anderen war der Zuwachs für Bio im LEH in der Vergangenheit stark durch Discounter und Handelsmarken geprägt. 2009 verliert der Discount jedoch auch bei Bio eindeutig an Fahrt. Dagegen zeigen Verbrauchermärkte und Drogeriemärkte eine weit überdurchschnittliche Performance. Auch Supermärkten gelingt es, ihre Bio-Kompetenz im Verlaufe der letzten Monate deutlich zu steigern. „Für die Zukunft wird es nun darauf ankommen, das Wachstum pro Bio-Warengruppe und pro Geschäft voranzutreiben“, sagt die Nielsen-Bio-Expertin. Und hier sieht sie Potenzial: „Gerade im LEH gibt es den ‚Auch-Bio-Käufer‘, der sich immer wieder neu zwischen Bio- und konventioneller Ware entscheidet.“ Parallel zum Wachstum der Vollsortimenter gewinnen die Herstellermarken bei Bio an Boden. Für Handel und Hersteller verschieben sich damit die Koordinaten für weiteres Bio-Wachstum.

Blogs, Twitter und Co. stellen Weichen für die Marktentwicklung

Die Akzeptanz von Bio-Produkten hängt dabei nicht nur von Qualitätsattributen wie Geschmack, Genuss, Gesundheit ab, sondern wesentlich auch von der Aufladung der Marken durch ökologische und soziale Aspekte. Bereits zwei von drei Bio-Konsumenten fordern ein glaubwürdiges soziales Engagement seitens der Hersteller ein. Und, dies zeigen neueste Nielsen-Analysemethoden wie BuzzMetrics, die Verbraucher teilen sich dazu gerne mit; sie pflegen im World Wide Web einen regen Informations- und Erfahrungsaustausch untereinander. Begeisterung und Kritik bezüglich eines Produkts werden öffentlich – und der einzelne Bio-Konsument immer stärker zu einer Autorität, die aktiven Einfluss auf die Kaufentscheidungen anderer (potenzieller) Bio-Käufer nimmt. Produkte und Marken, die nicht Teil der globalen Kommunikation von Verbrauchern werden, laufen Gefahr, vom Radarschirm zu verschwinden. Für die Hersteller von Bioprodukten stellen sich damit ganz neue Herausforderungen. „Ihnen muss es durch glaubwürdiges und aktiv kommuniziertes soziales Engagement gelingen, ihre Marke positiv aufzuladen und so weiteres Wachstum zu generieren“, so Brigitte Arndt-Rausch.