Und das soll ein Rechercheergebnis sein? Die SZ resumiert: Erst das Fressen, dann die Moral – wie sollen wir uns künftig ernähren?, diese Frage hat die Leser der SZ in der vierten Runde des Projekts Die Recherche am meisten interessiert. Mehrere Wochen hat die Redaktion recherchiert und Analysen, Interviews, Reportagen und Videos rund um Landwirtschaft, Die Beiträge der SZ, bedürfen allerdings wohl selbst einer weiteren Diskussion.

 


Ja, es war so, als hätte man sich bei den Recherchen der SZ abgesprochen, mit einer bestimmten Brille zu punkten, die der Frage nach Bio-Lebensmitteln und einer ökologisch ausgerichteten Landwirtschaft nicht gerecht wird. Eine bestimmte Vision von „Massen-Bio“ ist eine einfache Zielscheibe. Sie stimmt bei Bio-Eiern, bei Bio-Geflügel, bei bestimmten Erteugnungsformen von Gemüse vielleicht teilweise. Wir wissen seit geraumer Zeit, dass es Bereiche gibt, in denen Bio nicht so toll umgesetzt wird, aber das ist Teil unserer Massenernährungswirtschaft, wo eben vieles, was da geschieht, keinem höheren Sinn folgt, sondern dem Profit. Wenn Landwirte – und dies nicht nur in Deutschland – sich enttäuscht von Bio abwenden, so liegt das vielfach daran, dass Regierungen keine Rahmenbedingungen vorgeben, die gesellschaftlich sinnvolles Wirtschaften belohnen bzw. klar zum Ausdruck bringen, wie für die Landwirte sich in ein Gesamtkonzept einbringen sollen. Das ist ein Problem der Agrarpolitik, für das in Deutschland sowieso eine klare Linie fehlt.

          Warum man nun ausgerechnet jetzt darüber schreiben muss, dass Bioqualität überschätzt wird, weiss ich ehrlich gesagt nicht — ausser man will Biolebensmittel angreifen. Es ist nun einmal so, dass Verbraucher so manche Illusion über die Ernährung pflegen und vielleicht muss ja auch nicht jeder so genau wissen, wie Lebensmittel im Detail hergestellt werden. Trotzdem wird wird man sagen müssen, dass in vielen Fällen Bioqualität noch das Bestmögliche bietet, weil hier Pestizide, Geschmacksverstärker, künstliche Farbstoffe etc ausgeschlossen sind…Wir leben halt in einer sozialen Umgebung, in der Ernährungsangebote nun einmal nicht allein dem Geschmack, dem Wohl der Verbraucher usw., sondern immer in erster Linie dem Geldbeutel der Anbieter dienen. Und da bietet Bio eine klare Barriere, gewisse Dinge nicht zu tun. Ob jede Bioproduktion im Einzelfall dem Heil der Menschheit dient – oder etwas unemotionaler dem Wohl einer staatlichen Gemeinschaft – das ist manchmal sicher nicht zutreffend.Die Erzeugung von Bio-Lebensmitteln, der Anbau von ökologischen Produkten kann vor allem dann etwas Gutes bewirken, wenn es für das entsprechende Land einen Plan für ein ökologisches Gesamtkonzept gibt und – in der heutigen Lage – ein Konzept, das sich auch in umfassenden Rahmensetzungen wie bei uns durch die Europäische Gemeinschaft wieder findet. Die Pioniere des Bioanbaus und der Biowirtschaft wollten immer mit ihrem Produkten zeichenhaft auch die gesellschaftliche Bedeutung guter und sauber hergestellter Lebensmittel zeigen – aber verwirklichen kann das keine kein Landwirt und keine Firma alleine.          

            Wir sehen heute an der gerade in Deutschland heftig aufgeflammten Diskussion über den gesellschaftlichen Unsinn eines viel zu hohen und strukturell falsch angepackten Fleischkonsums, wie wahnsinnig schwierig es ist, in solche Themen eine sinnvolle Rationalität hineinzubringen. Ich weiß nicht, ob das immer so gut, wenn man dann mit populistischen Schlagzeilen dazu punkten will. Aber in diesem Punkt ist der Medienbetrieb genau wie viele Lebensmittelangebote eben auch in erster Linie von Erfolg und Profit gesteuert.

Dr. Klaus-Jürgen Holstein

                                    

                        

                                   

http://www.sueddeutsche.de/wissen/bio-die-heiligen-drei-buch…

 

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oekologische-landwirts…

 

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oekologische-landwirtschaft-bye-bye-bio-1.1897839