Die Stimmung auf der Messe war gut. Das ist immer dann so, wenn Bio-Lebensmittel gute Absatzzahlen erzielen und ein gutes Wachstum vorhanden ist.

Sehr oft standen Suche und Sorge um Rohwaren im Vordergrund, wobei der Bedarf und Nachfrage immer wieder schwanken und wechseln: Biosoja ist im Moment genügend da, für Linsen fehlt bereits Saatgut für die nächste Aussaat. Das Thema Rohware verleiht den deutschen Bio-Anbauverbänden neue Aktualität, denn hier arbeiten die Spezialisten für die Biolandwirtschaft, deren Bedeutung nun einmal die Basis für alles ist.

Die Tendenz bei Neuprodukten ist uneinheitlicher als noch vor einem Jahr: Das Zauberwort „vegan“ war nicht mehr ganz so dominant wie auf der Messe von 2016. Alles, was das Zeug zum „Superfood“ hat findet Beachtung und das Thema Proteinmehle ist von 2016 aus den Hinterzimmern nun 2017 im Angebot angekommen.

Will man den Eindruck des Gesehenen zusammenfassen, könnte man sagen: die Branche arbeitet an der Verbesserung und Verfeinerung der eigenen Angebote, aber die wirklich großen und neuartigen Angebote an den Markt fehlen.

Ich habe den Eindruck, dass viel zu weniger Hersteller und Anbieter sich von der Frage leiten lassen, was Bio-Verbraucher künftig gerne hätten: Halten wir uns erneut vor Augen, was bereits vor der Messe in Analysen zu lesen war: Die Hälfte des stattlichen deutschen Bioumsatzes wird in der Frische gemacht: Obst, Gemüse Eier. Ja bei den Eiern gibt es immerhin eine Innovation wie das Haehnlein-Projekt: Hier werden die männlichen Küken nicht geschreddert, sondern zu Hähnchen für den Markt aufgezogen. Ein Ansatz für die Abschaffung eines Ärgernisses, abgepackt vom Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof, der ja bereits auch die erste Bio-Brüterei für die Branche auf die Beine gestellt hat. Aber was könnte es beispielsweise rund um Bio-Obst und Gemüse für die Biokunden Neues geben?  Da hat die Biofach die Kompetenz rein materiell im Grunde an die Fruit Logistica , aber hier fehlen auch noch Ideen. Schließlich hat es sich ja auch sonst herumgesprochen, dass im Biobereich nicht automatisch die Kopie konventioneller Angebote der Weisheit letzter Schluss ist, also auch Bio-Ultrafrische nur sehr bedingt. Was Markt und Verbrauchern vermutlich schon fehlt ist hochwertige Bio-Convenience. Aber hier sind die Ideen – unter der Suche nach den wirklich größeren Lösungsvorschlägen eher noch dünn.

Ich möchte an dieser Stelle gerne an einen weiteren Umstand erinnern: die Latte für Bio-Innovationen hängt hoch, höher als in anderen Bereichen: WARUM ? Weil die Bioangebote für den Lebensmittelbereich die Wachstums- und Zuwachsbringer sind, die andere Bereiche gar nicht in diesem Maße bieten. Aber dieses Wachstum kommt nicht daher, weil Bio einfach nur Bio ist, sondern weil in diesem Bereich Produkte und Angebote hochkommen, die Wunsch und Naschfrage der Kunden in besonderem Maße entsprechen. Denken wir also bitte in Zukunft mehr darüber nach.

Dr. Klaus-Jürgen Holstein