Wie auf dem Naturkosmetik Branchenkongress im September in Berlin bekannt gegeben wurde, ist der deutsche Markt für kontrollierte Naturkosmetik im ersten Halbjahr 2013 nach Berechnungen der Gesellschaft für Konsumforschung, GfK, Nürnberg (D), um 10,2 % gewachsen. Die Marktexperten erwarten, dass der Umsatz in Deutschland bis zum Jahresende auf über 950 Mio. EUR steigen wird. Im nächsten Jahr werde voraussichtlich die Milliardengrenze geknackt. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der Umsatz mit Naturkosmetik-Produkten über alle Vertriebskanäle hinweg um rund 90 Mio. Euro. Besonders hohe Zuwächse verbuchten im ersten Halbjahr Großflächen- und Verbrauchermärkte, während die klassischen Vertriebswege im Fachhandel (Apotheken, Naturkost- und Naturkosmetikhandel, Reformhandel) stagnieren und ihren Marktanteil kaum ausbauen können.

Die Drogeriemärkte, vor allem Budnikowsky, dm, Müller und Rossmann halten ihre starke Stellung und bauen ihre Spitzenposition im deutschen Markt weiter aus. Zertifizierte Naturkosmetik ist aber auch als Aktionsware und im Sortiment von Discountern zu finden. Dies hat die Umsatzentwicklung positiv beeinflusst.

Bewegung gibt es vor allem bei den Marketingstrategien der Markenhersteller: Sie gehen neue Wege, um weitere Konsumentengruppen auf sich aufmerksam zu machen. Naturkosmetik-Hersteller punkten mit Auftritten auf medienwirksamen Events, wie Filmfestspielen, Fashion-Shows und Galas sowie mit Fernseh-Werbung und erreichen damit neue Zielgruppen. In Kombination mit der zunehmend kritischen Haltung vieler Konsumenten in Bezug auf problematische Inhaltsstoffe gewinnt Naturkosmetik weitere Kunden. Die Reichweite stieg nach Auswertungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Nürnberg (D), um 2 % auf 21 %. Neben den Naturkosmetik affinen Vertretern des Lifestyle of Health and Sustainability (Lohas) sind es immer mehr junge Menschen, die einen nachhaltigen Lebensstil bevorzugen. Umwelt, Klimaschutz, Tierwohl, Regionalität und soziale Gerechtigkeit spielen für sie beim Einkauf eine wichtige Rolle. Sie informieren sich häufig vor dem Einkauf im Internet oder am Regal via Apps über die Produkte. Diese bewussten Konsumenten scheuen sich auch nicht, ihren Unmut über problematische Inhaltsstoffe zu formulieren und sich beispielsweise per Online-Petition dafür einzusetzen, dass diese nicht mehr angewendet werden.

 

Ähnliche Trends sind in vielen europäischen Ländern wahrnehmbar und werden auch international sichtbar. So wächst Naturkosmetik auch in den Nachbarländern Frankreich, Italien und in der Schweiz weiter dynamisch. Das internationale Marktforschungsunternehmen Kline & Company, Parsippany, New Jersey (USA), geht aktuell von einem globalen Umsatz für Naturkosmetik (auf Herstellerebene) von etwa 29,5 Mrd. US-Dollar aus, der US-Markt wird 2013 voraussichtlich 4,5 Mrd. US-Dollar Umsatz auf Handelsebene erreichen (+7 %). Diese Hochrechnung bezieht allerdings auch nicht zertifizierte, sogenannte naturnahe (natural-inspired) Produkte wie Pflanzen- und Apotheker-Kosmetik mit ein. Laut Kline zeichnet sich jedoch ein deutlicher Trend zu kontrollierter Naturkosmetik ab. Der weltweite Umsatz mit dieser wird von Experten auf mehr als 9 Mrd. US-Dollar geschätzt.

In Frankreich erreicht Naturkosmetik mittlerweile einen Marktanteil von rund 4 %, der Umsatz lag nach Angaben des Naturkosmetik-Verbandes und Zertifizierers Cosmebio, Valence (F), 2012 für zertifizierte Naturkosmetik bei 380 Mio. EUR. Rechnet man den Bereich naturnahe Kosmetik hinzu (natural-inspired) dürfte das Marktvolumen bis Ende 2013 knapp 450 Mio. EUR erreichen.

Italien ist ebenfalls auf Wachstumskurs. Der Verband Cosmetica Italia, Borgarello/ Pavia (I), veröffentlichte kürzlich die aktuellen Marktdaten: Der Umsatz mit natürlichen Kosmetikprodukten (zertifiziert und naturnah) ist in den ersten sechs Monaten 2013 um 3,5 % gestiegen, sodass die Experten bis Ende des Jahres einen Gesamtumsatz von 410 Mio. EUR erwarten.

In der Schweiz entwickelt sich der Markt für Naturkosmetik sehr positiv, so Roger Bachmann von BioPartner, Seon (CH), dem führenden Großhändler für Bio-Lebensmittel und kontrollierte Naturkosmetik. Der Marktanteil von Naturkosmetik am Gesamtkosmetikmarkt wird auf etwa 3 % geschätzt. Generell können sich gemäß dem Experten Naturkosmetikmarken über zweistellige Zuwachsraten freuen. Im Gegensatz zu Deutschland konnten sich in der Schweiz bislang die Naturkostfachgeschäfte und Reformhäuser als traditionelle Verkaufskanäle an der Spitze behaupten. Allerdings haben insbesondere die Kaufhäuser, aber auch Apotheken und Drogerien ihre Sortimente ausgeweitet und an Umsatz zugelegt.

Auch im schweizerischen Online-Handel nimmt das Interesse an Naturkosmetik stetig zu: Portanatura, Zofingen (CH), ist der führende Online-Shop in diesem Bereich. Im stationären Handel führen sowohl die filialisierten und seit kurzem fusionierten Reform- und Bio-Fachgeschäfte Egli, Volketswil (CH), und Müller, Oberentfelden (CH), eine breite Auswahl an Naturkosmetik als auch die beiden Marktführer im Detailhandel, Coop, Basel (CH), und Migros, Zürich (CH). Coop hat eine eigene zertifizierte Naturkosmetik-Serie, Naturaline, aufgelegt und zudem eine bekannte deutsche Marke gelistet. Wettbewerber Migros punktet durch die Kooperation mit dem deutschen Handelsunternehmen Alnatura, Bickenbach (D), mit einem umfangreichen Naturkosmetik-Sortiment im gemeinsamen Bio-Supermarkt in Zürich. Im Allgemeinen legen die Schweizer Konsumenten viel Wert auf Qualität. Sie sind genauso wie es sich auch in anderen europäischen Ländern und weltweit abzeichnet viel kritischer gegenüber Inhaltsstoffen als früher. Konsumenten-fernsehsendungen sind auch hier meinungsbildend. Zudem wird das Thema Veganismus in wachsendem Maße diskutiert und könnte den Absatz von Naturkosmetik weiter beflügeln.