Die italienische Presse – und nicht nur die italienische – berichtet von einem der größten bislang aufgedeckten Bioskandal. Eine der ganz großen Bioressourcen – Italien – musste entdecken, dass fast ein Zehntel des eigenen Marktes gefälscht war.

Die italienische Finanzpolizei hat einen riesigen Betrug mit vermeintlichen Bio-Produkten aufgedeckt. Die Bande soll seit 2007 insgesamt 700.000 Tonnen Lebensmittel im Wert von 220 Millionen Euro mit falscher Kennzeichnung verkauft haben. Allein in der italienischen Stadt Verona wurden 2500 Tonnen sichergestellt und sieben Personen festgenommen. Die umgesetzte Menge entspricht den Angaben zufolge einem Zehntel des italienischen Marktes.

Die Ermittlungen liefen unter dem Titel „Der gestiefelte Kater“, berichteten italienische Medien am Dienstag. Bei den Festgenommenen handelt es sich großteils um Geschäftsleute. Unter den Verdächtigen befindet sich jedoch auch ein Behördenmitarbeiter. Als vermeintliche Bio-Lebensmittel wurden überwiegend Getreide, Soja, Mehl und Obst aus herkömmlichem Anbau verkauft. Die Ware wurde in Rumänien und Italien eingekauft und mit gefälschten Papieren zu Bio-Ware erklärt.

Bio-Landwirtschaft spielt in Italien eine zunehmend wichtige Rolle: Die Produktion hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht, die Anbauflächen überschreiten eine Million Hektar und der Umsatz die Drei-Milliarden-Euro-Grenze, teilte die Landwirtschaftsvertretung Coldiretti mit. Obwohl der Großteil der Ware ins Ausland geht, steigt auch im Land der Bio-Umsatz.

Zeitgleich mit der Razzia hat Europol bei einer koordinierten Aktion auch in neun anderen europäischen Ländern Kontrollen durchgeführt, darunter in Bulgarien, Rumänien, Frankreich, Großbritannien und Spanien. Dabei wurden gefälschte und teils gesundheitgefährdende Produkte beschlagnahmt, darunter Champagner, Käse und Olivenöl.Laut der Polizei kauften die Fälscher die Grundbestandteile der Lebensmittel über Tarnfirmen in Rumänien und Italien. Anschließend seien die Produkte mittels gefälschter Dokumentation als „biologisch“ deklariert und zu deutlich höheren Preisen über ein Großhändlernetz in Italien, Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Frankreich, Belgien, Ungarn, Österreich und der Schweiz verkauft worden.

Das Fälschernetzwerk reichte offenbar auch bis in die Behörden: Unter den Festgenommenen sind laut der Polizei nicht nur die Chefs der Lebensmittelkonzerne Sunny Land, Sona und Bioecoitalia, sondern auch der Direktor der Zertifizierungsstelle (Suolo e Salute ) der italienischen Region Marken und ein Labor ( Bioagri ). Insgesamt hatte die Polizei bei rund 30 Firmen ermittelt.

Gut ist, dass nach soviel Verdächtigungen nun endlich eine erste Klarheit geschaffen wird. Beschämend bleibt, wie groß der Skandal ist und es bleibt jetzt zu hoffen, dass damit nicht nur die Spitze eines Eisbergs gefunden wurde. Das wäre fatal für alle die ehrlich und guten italienischen Bioproduzenten, von denen wir gerne auch weiterhin gute Bioware beziehen möchten.