Dabei ist die Absicht der Kommission sicher richtig. Es sollte künftig für Verbraucher geklärt sein, dass Bio-Produkte eine nachgewiesene und messbare Qualität haben und das heißt zum Beispiel auch 100% Rückstandsfreiheit von Pestiziden. Das ist ein Umstand, den man kaum anders sehen kann.
Allerdings gibt es zwei Bedenken, die mit diesem Ziel widerstreiten:
1. Es ist immer wieder die Angst der Hersteller, dass nicht alle gewünschten Biozutaten für wichtige Produktionen immer beschaffbar sind. Das bedeutet, dass bei strengeren Auflagen an Bioprodukte in einem solchen Fall eine Produktion mit einem unter Auflagen erlaubten konventionellen Ersatzstoff nicht mehr möglich ist. Aber sollte man auf solche Ausnahmeregelungen überhaupt spekulieren? Wäre es nicht vielleicht besser dann an einer entsprechende Beschaffungskette zu arbeiten?
2. Ein weiterer Einwand ist logisch, aber wohl beherrschbar. Natürlich wäre es ungerecht, wenn künftig die Bioanbauer die Kosten und das Risiko für Kontaminierung ihrer Anbauflächen durch konventionelle Nachbarn aufgebürdet bekämen. Aber auch dafür müsste sich ja wohl eine Lösung finden lassen.
Jedenfalls muss eine für Verbraucher künftig logische Forderung nach 100%iger Bioqualität nicht zwangsläufig zurück in eine Bio-Nische führen, sondern sollte vielleicht besser mit flankierenden Maßnahmen zur generellen Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft kombiniert werden, damit die von der AöL geäußerten Befürchtungen nicht eintreffen.
„Die von der EU-Kommission geplante Totalrevision der EG-Öko-Verordnung wird nach Ansicht der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) zu einer weiteren Verknappung der in Europa biologisch erzeugten Lebensmittel führen. „ Statt Öko-Wachstum zu generieren und die Option für eine langfristige Umstellung der Lebensmittelerzeugung auf 100 Prozent Öko zu erhalten, baut die EU-Kommission unnötige Hindernisse auf. Sie zementiert damit eine Öko-Nische, statt den Markt für Bio-Lebensmittel zu erweitern. „Zwar begrüßen wir im Grundsatz, wenn die EU die Kontrollen verbessern und klare Regeln im Sinne der Verbraucher schaffen will, die von ihr vorgeschlagene Neufassung der Bio-Verordnung ist hierzu jedoch ungeeignet. So übersieht die Kommission zum Beispiel, dass wir mehr und nicht weniger Öko-Rohwaren brauchen. Sie ignoriert auch, dass die weiter boomende Nachfrage zeigt, dass das Verbrauchervertrauen in Bio-Lebensmittel keinesfalls verloren gegangen ist“, so Dr. Alexander Beck, Geschäftsführender Vorstand der AöL.
Einer der Hauptgründe für diesen unheilvollen Umschwung durch die EU liegt in der geplanten Abkehr vom Grundsatz der Prozessqualität hin zu einem System, das sich am Endprodukt orientiert. Statt die Umwelt- und Tierwohlleistungen der Kette der biologischen Erzeugung zu betrachten, schlägt die EU vor, die Bio-Qualität an Rückstandsfunden im Endprodukt festzumachen. Sie will dafür eine Sonderregelung mit verschärften Grenzwerten für die Bio-Branche einführen. „So müssen Bio-Kunden letztendlich für – in der konventionellen Landwirtschaft ausgebrachte – Pestizide und GVO zahlen, obwohl sie diese strikt ablehnen. Dies untergräbt das Verursacherprinzip“, so Dr. Gernot Peppler, Geschäftsführer Rack und Rüther.“