Bislang sehen viele Verbraucher in Bio-Eiern den einzig sicheren Schutz Skandaleiern und gesundheitlicher Gefährdung. Deshalb liegt der Anteil der im LEH verkauften Bio-Eier über 10 % und deshalb akzeptieren die Kunden für Bio-Eier einen verhältnismäßig hohen Preis. Genau aus diesem Grund muss man allen möglichen Unregelmäßigkeiten nachgehen und im Sinne des Verbrauchers dabei mithelfen, möglichen Schwachstellen auf den Grund zu gehen.

Den Basisbericht liefert der WDR: 
In Velbert ist der Stammsitz des Unternehmens von Richard Hennenberg. 1968 begann er mit 2.000 Legehennen, heute steht in Velbert ein Stall, für den man sich die Haltung von 20.000 Legehennen nach den Kriterien der EU-Bioverordnung hat genehmigen lassen. Die besagen unter anderem:Jedes Huhn muss mindestens für ein Drittel seines Lebens freien Zugang zu Außenflächen haben. Dabei stehen jedem Huhn umgerechnet vier Quadratmeter Auslauf zu. Die Gruppen dürfen maximal 3.000 Tiere groß sein und sich nicht mischen. Das beugt unter anderem der Übertragung von Krankheiten vor.
Maximal sechs Tiere dürfen sich einen Quadratmeter Stallfläche teilen.

Alles Bio? testmarkt testet …

Bei 20.000 Legehennen muss der Stall Hennenberg 80.000 Quadratmeter Auslauf nachweisen. Auf der Homepage einer NRW-Behörde kann man Flächen auf einem Luftbild berechnen. Wir messen alle Wiesen, die zum Hof von Richard Hennenberg gehören, nach und kommen lediglich auf eine Fläche von etwa 18.000 Quadratmeter. Ein Waldstück grenzt an die Wiesen des Biohofes. Vom Stall aus führen Zäune, die den Auslauf wohl in mehrere kleine Parzellen teilen sollen, in den Wald. Doch dort enden sie – nach hinten offen! Wenn hier jemals Hühner gelaufen sind, dann sind sie jetzt weg. Als Auslauffläche ist dieses Stück also nicht geeignet.

Bleiben also nur die etwa 18.000 Quadratmeter. Das aber ist für „bio“ zu wenig und es wäre zu erwarten, dass sich die Hühner auf den Weideflachen sozusagen stapeln. Doch bei unserem Besuch sehen wir kein einziges Huhn. Die Tierschutzorganisation PETA, die sich ebenfalls für den Stall interessiert, stellte bei ihren Recherchen fest, dass das Gras relativ unberührt aussieht und dort in letzter Zeit mit höchster Wahrscheinlichkeit keine große Zahl Hühner gelaufen ist. Dieser Verdacht deckt sich wiederum mit den Aussagen der Bürgerinitiative Fettenberg, deren Mitgliedern die Hühnergroßfarm schon lange ein Dorn im Auge ist. Einer von ihnen ist Hans-Jürgen Jeromin. Er behauptet: „“Der Freilandauslauf findet faktisch nicht statt. Es gibt Zeugen, die diese Dinge auch schriftlich festgehalten haben. Und es ist erwiesen, dass seit Anfang Oktober letzten Jahres bis dato, dem 13. Mai, die Hühner gerade siebenmal draußen gewesen sind.““

Betreiber schweigt

Wir baten Biobauer Richard Hennenberg mehrfach um eine Erklärung. Doch er gibt weder ein Interview, noch antwortet er auf unsere schriftlichen Fragen. Damit ist Nordrhein-Westfalens größter Biostall bei uns gleich in zwei Testkriterien, nämlich dem Auslauf und der Trennung der Gruppen, durchgefallen. Dabei gilt er als besonders gut kontrolliert, denn er ist Mitglied im Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen. Regelmäßig überprüft er angeblich die registrierten Höfe. Das soll dem Verbraucher garantieren, dass die Eier tatsächlich aus Biohaltung stammen.Den Hof gibt es seit circa zwei Jahren. Sollten die Legehennen dort tatsächlich die ganze Zeit über auf einer viel zu kleinen Auslauffläche gehalten worden sein? Auf seine Veranlassung hin, so der Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen, sei der Biohof erst kürzlich überprüft worden – ausgerechnet während unserer Recherchen. Reiner Zufall? Immerhin bemängeln auch die Kontrolleure Auslauf und Einzäunung. Caspar von der Crone, Geschäftsführer des Vereins, erklärt uns: „“Die Auslauffläche war nicht ausreichend, weil dort Buschwerk war. Es fehlte die Einzäunung. Das sind elementare Dinge, die da sein müssen. Gegen Bewaldung ist grundsätzlich nichts zu sagen, aber der Wald muss zugänglich sein.““ Er ist aber zuversichtlich, dass die Mängel schnell behoben werden können.

Erweiterung ohne Genehmigung

Drei Wochen nach unserem ersten Besuch fahren wir erneut zum Stall. In den hinteren Ausläufen hat sich tatsächlich etwas getan: Es sieht so aus, als würden die Hennenbergs das Waldstück hinter dem Stall für die 20.000 Hennen entsprechend vorbereiten. Erste Bäume wurden gefällt, allerdings sind die Zäune immer noch offen.Alles auf einem guten Weg? Wohl kaum. Denn mittlerweile hat das zuständige Forstamt mitgeteilt, dass dort gar keine Zäune stehen dürfen. Einzäunungen oder Nutztierhaltung seien nur mit Genehmigung des Amtes zulässig. Und bisher, so das Forstamt, sei nicht einmal ein Antrag gestellt worden. Fragt sich, warum sich die Prüfer nicht beim Forstamt erkundigt haben.Haben die Legehennen wenigstens im Stall genügend Platz? Laut Prüfbericht ja, aber an den bisher zuständigen Prüfern hat inzwischen auch Vereinsgeschäftsführer von der Crone (KAT/Verein für kontrollierte alternativeTierhaltungsformen e.V)erste Zweifel. Deshalb will er ein anderes Prüfinstitut mit einer weiteren Kontrolle beauftragen. Vielleicht finden die ja auch eine Erklärung für das Bildmaterial, das uns zugespielt wurde: tote, völlig nacktgepickte Hühner in einer Mülltonne. Ganz natürliche Mauser oder Kannibalismus aus Stress?

Der fachliche Kontrolleur für die Eierqualität (KAT e.V.) sieht die Versäumnisse vor allem bei den Landesbehörden, so Geschäftsführer Crone:

„Im Bereich der für KAT zugelassenen Bio-Legebetriebe haben wir u.a. mit der Biozertifizierungsstelle IMO zusammengearbeitet und mussten uns daher auf die Vergabe der behördlichen Biozertifikate verlassen. Die Rechtmäßigkeit der Biozulassung für den Biobetrieb Hennenberg in Velbert haben wir uns aufgrund der Medienrecherchen zusätzlich über das LANUV bestätigen lassen. 

Wir waren daraufhin gezwungen, das KAT-Zeichen für den Betrieb in Velbert wieder zu erteilen, da wir sonst mit evtl. Schadensersatzansprüchen konfrontiert worden wären.  Zur Zeit verfügt der Betrieb Hennenberg immer noch über eine Biozertifizierung, d.h. seitens der Behörden ist uns keine Negativmeldung bekannt. Extrem ärgerlich ist, dass weder die zuständige Forstbehörde noch das LANUV eine klare Aussa- ge zur Nutzung der Auslauffläche „Wald“ gegeben haben, obwohl bereits seit Bekanntwerden mehr als acht Wochen vergangen sind.  Nach der gegenwärtigen Rechtsgrundlage kann KAT die Zeichennutzung nicht entziehen, da seitens der Behörden die rechtlichen Voraussetzungen nicht abgestritten worden sind. Die weitere Zertifizierung für KAT im Bereich Bio erfolgt nicht mehr durch IMO, sondern wird von anderen KAT-zugelassenen Zertifizierungsstellen durchgeführt.“

Der international renommierte Zertifizierer IMO beruft sich auf formal mögliche Abweichungen. „Im vorliegenden Fall wurde bei der Kontrolle eine Abweichung festgestellt, diese jedoch so bewertet, dass durch entsprechend durchzuführende Maßnahmen von einer Aberkennung der ökologischen Produkte abgesehen werden kann. Dieses Vorgehen entspricht dem derzeit gültigen Sanktionskatalog der IMO GmbH und erfolgte in enger Abstimmung mit der zuständigen Kontrollbehörde. Da die geforderten Nachbesserungen inzwischen umge-setzt wurden, behielt das Unternehmen seine Öko-Anerkennung. „

Fazit: Den meisten Beteiligten  war oder ist bis heute nicht klar, dass es bei einem solchen Streit nicht darum gehen kann, was Bioverordnungen und deren Durchführungsvorschriften formal hergeben, sondern dass es hier schlicht um das Vertrauen in der gesamten Vermarktungskette geht.