Bio-Palmöl ist in der Tat ein wichtiger Grundstoff für viele Bio-Lebensmittel – auch wenn er oft nur sehr indirekt als Inhalt bewußt ist. Selbst wenn man Bioprodukten nicht automatisch eine fair gehandelte Herkunft unterstellen kann, so müssen sie in jedem Fall völlig klar rückverfolgbar sein. Einer der großen Bio-Palmöl-Lieferanten ist in die Kritik geraten. Und wieder beobachtet man bei den angefragten Bio-Verarbeitern die oft beobachtete Unentschlossenheit: Die Betroffenen warten, bis eine Redaktion – in diesem Fall „Report Mainz“am 22. März  – ein Thema aufwirft und dann fängt man langsam an zu reagieren. Wer die Darstellung auf der Internetseite des SWR nachliest, sieht die deutsche Naturkostbranche leider zu Recht vorgeführt. Und das Ärgerliche daran ist erneut die Rückwirkung auf das Verbrauchervertrauen. Kann man Bio-Versprechungen glauben, wenn sie derart in Zweifel gezogen werden?

http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=5994910/1yidbpq/index.html

Die jetzt recherchierten Vorgänge geisterten seit geraumer Zeit durch die Branche und offenbar traute sich auch in diesem Fall, niemand vor dem SWR daran, dass Thema aufzugreifen. Seit September 2009 waren die Basisfakten durch die kritischen Fragen der Presse an die Kosmetikkette „The Body Shop“ bekannt.

„Deutsche Naturkosthersteller beziehen Palmöl vom umstrittenen Daabon-Konzern aus Kolumbien. Eine Abteilung der kolumbianischen Staatsanwaltschaft wirft Daabon die illegale Vertreibung von 500 Menschen vor. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ enthalten zahlreiche Bio-Lebensmittel der Marken Alnatura, Rapunzel und Allos Daabon-Palmöl.

Esperanza María Ramírez von der Menschenrechtsbehörde der kolumbianischen Staatsanwaltschaft. sieht in der Zwangsräumung der Siedlung Las Pavas einen Verstoß gegen das kolumbianische Gesetz. Gegenüber „Report Mainz“ sagte sie: „Das verletzt die Rechte der Menschen, die dort gewohnt haben.“ Daabon bezeichnet die Räumung dagegen als „legal“ und sieht sich als rechtmäßigen Eigentümer der Ländereien.

Daabon hatte im vergangenen Jahr mit Hilfe von Sondereinheiten der Polizei die Kakao- und Maispflanzungen von 123 Familien gerodet und die Menschen aus ihrer Siedlung vertrieben. Auf den Feldern errichtet Daabon neue Groß-Plantagen für die industrielle Produktion von Bio-Palmöl. Die Menschenrechtsbehörde hat den Fall vor den obersten kolumbianischen Gerichtshof gebracht. Seit Februar befasst sich auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mit der Vertreibung von Las Pavas.

Klaus Schenck von der Umweltschutzorganisation „Rettet den Regenwald e. V.“ kritisiert die deutschen Naturkosthersteller. In „Report Mainz“ erklärte er: „Wir fordern, dass sie generell ihre Lieferanten sehr viel genauer überprüfen (…) und im Fall der Firma Daabon sich sehr genau überlegen, ob sie vielleicht die Geschäftsbeziehungen besser abbrechen.“

Alnatura, Rapunzel und Allos verweisen in ihren Stellungnahmen gegenüber „Report Mainz“ auf diverse Gütesiegel und Zertifikate von Daabon. Man werde sich über den Fall weiter informieren und sich damit auseinandersetzen. Die Alnatura GmbH erklärt: „Wir werden die Entwicklung aufmerksam weiter beobachten.“ Die Rapunzel AG kündigt einen Besuch vor Ort an und möchte eigene Erkenntnisse „ausführlich mit der Firma Daabon diskutieren und bei Bedarf Verbesserungsmaßnahmen einfordern und überprüfen“. Die Allos GmbH will „der Sache im Rahmen unserer Möglichkeiten“ nachgehen „und weiterhin deutlich machen, dass wir ein ökologisch und sozial verträgliches Verhalten unserer Geschäftspartner erwarten“.

Selbst wenn das Verhalten von Daabon in Kolumbien formal rechtmäßig gewesen sein sollte, so war es doch in jedem Fall instinklos. Seit dem britischen Zeitungsbericht im September 2009 hätten die deutschen Geschäftspartner sich überlegen können, wie sie darauf reagieren: Der hohe moralische und soziale Anspruch der Bio-Unternehmen hätte zumindest dazu führen müssen, dass man bei derart massiver Kritik an einem Vorlieferanten nicht wegschaut, sondern sich damit auseinandersetzt, bevor man eine Fernsehsendung einen dazu zwingt. Wer die Fakten kennt, dem können die Internet-Stellungnahmen der betroffenen Firmen nicht ausreichen. Wie gesagt: Es geht um Verbrauchervertrauen und die grundsätzliche Glaubwürdigkeit von Bio-Ansprüchen, wir wollen hier gar nicht von Idealen sprechen.

Hier nur ein paar Beispiele:

http://www.utopia.de/blog/ann-kristins-anfange/vertreibung-fuer-bio