Die gezielte Aufzucht von Fischen, Aquakultur genannt, hat eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Aber sie allein deckt den Bedarf nicht. Zwei Drittel unserer Speisefische stammen jedoch nach wie vor aus der Fischerei in Meeren, Flüssen und Seen. Diese natürlichen Ressourcen sind in Gefahr:

Nach Expertenschätzungen werden bereits drei Viertel aller Bestände bis zur Maximalgrenze genutzt. Ein Viertel gilt sogar als überfischt. Kaum erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Seafood im Welthandel daher gleich hinter dem Erdöl rangiert. Weltweit leben rund 100 Mio. Menschen von der Fischerei, der Großteil davon in den Ländern des Südens. Trotz steigender Nachfrage auf dem Weltmarkt gehören Fischer oft zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen, die mit ihrer harten Arbeit kaum die eigene Familie ernähren können. Ihnen gilt die jüngste Initiative des Öko-Verbands Naturland, derNachhaltigkeit nicht nur als ökologische, sondern auch als soziale und ökonomische Verantwortung versteht. In ihrem Mittelpunkt stehen:

  • die schonende Nutzung der Fischbestände und des gesamten Ökosystems
  • der Verzicht auf kritische und umweltschädigende Fangmethoden
  • die Einhaltung von Sozialrichtlinien für Fischer und Angestellte in der Fischverarbeitung
  • die ökologische Weiterverarbeitung ohne künstliche Zusätze und Gentechnik
  • ein öffentlich einsehbares, transparentes Anerkennungsverfahren für alle Teile der Wertschöpfungskette

Das Naturland Wildfisch Zeichen gibt dem Verbraucher eine Orientierungshilfe, welche Fische er mit bestem Gewissen kaufen und genießen können. Viktoriabarsche aus einem Pilotprojekt im afrikanischen Tansania machen im Sommer 2009 den Anfang.

Auftakt am Viktoriasee: Nilbarschfischer in Bukoba werden  Naturland Partner

Mit einer Fläche von 68.800 qm ist der Viktoriasee nicht nur der größte, sondern auch der wirtschaftlich bedeutendste See in Afrika. Jährlich werden hier bis zu 1.000.000 Tonnen Fisch gefangen. Eine besondere Rolle spielt dabei der Nilbarsch (Lates niloticus), der in den 50-er Jahren in das Binnengewässer eingesetzt wurde und sich dort dauerhaft etabliert hat. Inzwischen wird der Speisefisch zu 75 Prozent nach Europa, Asien und in die USA exportiert und ist dort als „Viktoriabarsch“ bekannt und geschätzt.

Obwohl der Fischfang vielen Menschen in Tansania, Kenia und Uganda Arbeit gibt, ist die Situation der Fischerei und der Fischer kritisch. Längst gelten die Fischbestände als maximal genutzt, und die Lebensbedingungen der Fischer lassen vielerorts zu wünschen übrig. Umso wichtiger sind nachhaltige Lösungen, um diese zentrale Einnahmequelle für künftige Generationen zu bewahren. Daher hat Naturland zusammen mit dem SEAFOOD IMPORTEUR ANOVA, DEM VERARBEITER VICFISH, DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR TECHNISCHE ZUSAMMENARBEIT (GTZ) GMBH UND DER BERATUNGSAGENTUR AGROECO in der Region Bukoba (Tansania) am Westufer des Sees ein Wildfisch Pilotprojekt in die Tat umgesetzt. Die GTZ unterstützt das Projekt im Auftrag des BUNDESMINISTERIUMS FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG (BMZ).

Im Vorfeld wurde dazu ein Runder Tisch mit Vertretern aus Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen, Wirtschaft und Verwaltung etabliert. Dieses Gremium hat – auf Grundlage der allgemeinen Naturland Richtlinien für die nachhaltige Fischerei -spezifische Standards für die regionalen Gegebenheiten definiert. Dazu gehören zum Beispiel: 

  • strikte Vorgaben für Fanggerät und Fisch-Mindestgröße
  • gerechte Arbeitsbedingungen für Angestellte in der Verarbeitung
  • transparente Preise und faire Handelsbeziehungen zwischen Fischern und Exporteur
  • Sicherheitsmaßnahmen wie z.B. Schwimmwesten
  • Kindergärten und Schulen in den Siedlungen der Fischer
  • flächendeckende Gesundheitsversorgung

Diese Richtlinien werden seit Mitte 2008 von allen Beteiligten umgesetzt undstellen die Nachhaltigkeit der Fischerei sicher. Gleichzeitig sorgen sie für eine günstige  soziale und ökonomische Situation der handwerklichen Fischer und ihrer Familien.

Weitere Information  http://www.naturland.de/wildfisch.html.