Zusammen mit dem Industrie-Kontor IKO hatten und einigen Verpackungsfachleuten der angeschlossenen Unternehmen, hauptsächlich bio-zertifizierte Hersteller hatten wir die Chance, an einer Informationsveranstaltung am Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe, einem Institut der Hochschule Hannover teilzunehmen. IKO ist ein erfolgreicher Zusammenschluss gleichberechtigter Unternehmen, die durch kooperative Zusammenarbeit Synergien im Einkauf erzielen. IKO arbeitet für die Mitglieder sowie gemeinsam mit den Mitgliedern im Bereich Einkauf und Beschaffung. Das Institut, offiziell erst 2011 gegründet, arbeitet auf Initiative von Professor Endres bereits seit Jahren an diesem Thema. Das IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe gehört zur Fakultät II – Forschungsschwerpunkte am IfBB sind die Entwicklung, Verarbeitung und industrielle Nutzung von Biokunststoffen und Bioverbundwerkstoffen.
Die Forschung sieht es das Thema zunächst erstaunlich sachlich
Der Herstellungsprozess von Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen unterscheidet sich qualitativ nur unwesentlich von der Herstellung auf Rohölbasis –lediglich mit dem Unterschied, dass die Entwicklung aus nachwachsenden Rohstoffen in der Entwicklung und Untersuchung der Eigenschaften noch in den Kinderschuhen steckt. Ob man nun Polymere aus Rohstoffen wie Mais, Rohrzucker, Zuckerrüben oder Getreide herstellt, ist technisch gesehen relativ gleichwertig. Je nach dem anvisierten Endprodukt ist die Effizienz der einzelnen nachwachsenden Rohstoffe unterschiedlich und die Wissenschaftler mssen die Effizienz am Einsatz landwirtschaftlicher Fläche für das gewünschte Endprodukt, was nun reine Biofolien sein können, genauso aber auch Verbundmaterialien, die durch Zusatz weiterer Stoffe für die gewünschten Eigenschaften angepasst werden.
Wie sieht die Ökobilanz der Biokunststoffe aus?
Besser als manche denken. Natürlich kann durch die Herstellung auch nur Bruchteile der Rohmaterialien in Kunststoff verarbeiten. Dennoch ist Biokunststoff in jedem Fall einem aus Erdöl gewonnenen Kunststoff vorzuziehen, weil die rdbevölkerung schon heute 5000000 mal mehr Rohöl verbraucht als Nachwachsen kann. Biokunststoffe hingegen – würde man rein hypothetisch alle Kunststoffe der Erde aus nachwachsenden Rohstoffen erstellen würde dafür gerade einmal 5% der landwirtschaftlichen Flächen verbrauchen.Das heißt freilich nicht das die Lage ideal ist. Heute werden weltweit gerade einmal 1% der Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, mit stark steigender Tendenz. In der heutigen Situation können die Biokunststoffe beim Recycling mit herkömmlichen Kunststoffen auf Rohölbasis verschmolzen werden ohne dass die kleine Beigabe die Zusammensetzung wesentlich verändert.
Die Verpackungsmaterialien, die für Lebensmittel und besonders Bio-Lebensmittel ideal wären, sind noch in der Entwicklung
So ist der aus Maisstärke bestehende Werkstoff PLA in seinen Grundeigenschaften eben noch sehr wenig erforscht: Wie reagiert der Stoff auf Inhalte? Wie könnte er auf unterschiedliche Anwendungen verändert werden. Für Bio-Lebensmittel besonders misslich ist, dass der Grundstoff heute ausnahmslos aus genverändertem Mais hergestellt wird, was mit Bioinhalten so gar nicht passt. Den Einwand, dass Biogrundstoffe eine Konkurrenz zu Nahrungsmitteln herstellen, wird man aus wissenschaftlicher Sicht her zurückstellen müssen. Erstens ist der Materialeinsatz dafür noch verhältnismäßig bescheiden und zweitens ist bei Lebensmitteln nun die Frage, ob ein Verpackungsmaterial optimal für den Inhalt geeignet ist, viel wichtiger als die Feststellung, dass der Verpackungsgrundstoff minimal zur Lebensmittelerzeugung geeignet wäre. Wichtiger ist das Problem, dass es beim Einsatz als Lebensmittelverpackung für Biokunststoffe und Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen keine wirklich passenden Zertifizierungen gibt. Dort wäre bei Bio erstens der Nachweis eines Materials ohne genveränderte Organismen wichtig und zweitens natürlich die jeweils angepaßte Lebensmitteltauglichkeit. Bislang gibt es lediglich Zertifikate, die feststellen, zu wie viel Prozent das eingesetzte Material aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.
In der Forschung steht die Recycelbarkeit nicht mehr ganz oben
Es wäre natürlich wünschenswert eine wertvollen Rohstoff wie Bio-Kunststoff mehrfach zu verwenden. Dazu fehlt heute jedoch noch die verwertbare Masse und der Anreiz. Da Biokunststoffe heute aus Sicht des Recycling wie Erdöl-basierte Stoffe behandelt werden und mangels Aufkommen auch nicht getrennt werden, weil es sich – noch – nicht lohnt, fehlt im Moment ein wesentlicher Anreiz zum Einsatz dieser teuren Werkstoffe. Für die künftige Anwendung steht mehr die Tatsache auf der Agenda, dass künftig generell Biokunststoffe als Ersatz der bisherigen Rohöl-basierten Kunststoffe für technische Anwendungen verfügbar sind. Die sind heute schon, was die Verpackung angeht mehr in den dauerhaften, harten Kunststoffen zu finden, vor allem in Bio-PET-Flaschen. Coca-Cola setzt heute bereits seinen PET-Flaschen Biokunststoff zu, Henkel bietet einen Abroller aus Biokunststoff und der Hauptzuwachs wird sich in den nächsten Jahren bei der Herstellung von Flaschen aus Biokunststoff abspielen. Anders als bei anderen Verpackungen ist hier die Recyclingfrage geklärt.
Beim IfBB in Hannover werden schon heute die Werkstoffe der Zukunft simuliert und ihre Eigenschaften gemessen und getestet
EIn wesentlicher Forschungsansatz ist die Frage, welche Zusätze zu dem Grundstoff, welche gewünschten Eigenschaften für Dichte, Festigkeit, Hitzebeständigkeit und Verträglichkeit mit bestimmten Inhalten bewirken. Alles, was wir heute über die aus Erdöl gewonnenen Polymere längst wissen, muss für die neuen Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen erst noch erforscht und entwickelt werden. Für die diese Art der Forschung ist man in Hannover bestens ausgestattet. Angesichts der Tatsache, dass die derzeit im Einsatz befindlichen Materialien nicht mehr unbegrenzt zur Verfügung stehen, widmet sich die junge Hochschul-Instituts-Crew mit Professor Endres einer drängenden Aufgabe. Und für alle, die sich dem Biogedanken, oder zumindest einem Bekenntnis zur Nachhaltigkeit verschrieben haben, wird das ein immer dringlichere Frage, die man freilich sehr rational angehen sollte. Biokunststoffe werden – entgegen vielen Wünschen und Ansagen – nicht kurzfristig den Verpackungsmüll verkleinern. Sie werden jedoch langfristig Verpackungen in bessere Materialbahnen lenken, die auch zu ihrem Inhalt passen als eine natürliche Verpackung für natürliche Lebensmittel. Bis das freilich klappt, wird noch einiges an Materialeigenschaften zu checken sein und noch einiges an Material zu entwickeln.