Auf den DLG-Lebensmitteltagen in Hohenheim hat die bekannte österreichische Trendforscherin Hanni Rützler zusammen mit der Verpackungsexpertin Veronika Egger eine neue Studie zum Thema „Food Information Design 2020“ vorgestellt. In ihr setzen sich die beiden Wissenschaftlerinnen mit der Nutzungsqualität neuer und alter Kennzeichnungs- und Informationselemente auf Verpackungen sowie mit deren Wirkung auf ältere Zielgruppen auseinander. Als Beispiel diente ein fiktives Produkt – eine regionale Brot-Spezialität zum Aufbacken. Der Untersuchung zufolge wird die Informationsgestaltung aus rationalen und emotionalen Elementen auf Verpackungen zunehmend wichtiger. Ihr sollte künftig in der Produktgestaltung mehr Platz eingeräumt werden. Zudem muss der konkrete Nutzungskontext stärker mit einbezogen werden: vom Einkauf, über die Lagerung, die Zubereitung und den Verzehr bis zur Entsorgung.

 Zentrale Ergebnisse der Studie:

Die Nährwertkennzeichnung spielt der Untersuchung zufolge eine untergeordnete Rolle in der Produktwahrnehmung. In ihrer gegenwärtigen Form kann sie von den Verbrauchern nicht interpretiert und eingeordnet werden.

Die Zutatenliste (Inhaltsstoffe) wird intensiv gelesen. Aus den Zutaten entsteht im Kopf der Verbraucher ein Bild sowohl zum Geschmack als auch zur Einschätzung, ob ein Produkt gesund ist oder nicht.

Aspekte wie die Herkunft der Zutaten und die Erzeugung werden aktiv hinterfragt und spielen bei der allgemeinen Beurteilung eine große Rolle. Eine „Kette der Glaubwürdigkeit“ bis hin zur Kontaktmöglichkeit mit dem Produzenten leistet einen wesentlichen Beitrag zur Vertrauenswürdigkeit des Produkts.Begriffe, die einen Kontext von Regionalität und Tradition etablieren, sorgen für eine gesteigerte Qualitätserwartung.

 

Food-Information-Design: Anforderungen an die Verpackung von morgen

 

Für die Entwicklung von effizienten, wirksamen und damit zukunftsfähigen Verbraucherinformationen bedarf es einer genauen Betrachtung der alltäglichen Handlungsabläufe. Nur so können die Anforderungen, die Verbraucher an Informationselemente stellen, besser verstanden werden. Am Beispiel älterer Personen untersuchte die Pilotstudie „Food Information Design 2020“ den Umgang mit Informationen zu Lebensmitteln im Alltag und im Hinblick auf spezifische Nutzungskontexte. Ziel dieser Untersuchung war es, einerseits effiziente Elemente der Verbraucherinformation im Essalltag zu identifizieren, andererseits die Wirkung von sprachlichen Beschreibungen des Geschmacks zu untersuchen. Wirksames Food-Information-Design verbindet Sprache, Bild, Typografie und Form und ist sowohl Orientierung und Entscheidungshilfe, als auch der Schlüssel zum Vertrauen der Verbraucher. Damit schafft diese Studie neue Grundlagen für die zukünftige Gestaltung von alltagstauglichen, zielgruppenspezifischen Verpackungselementen. Des Weiteren liefert sie Erkenntnisse und Rückschlüsse darüber, zu welchem Zeitpunkt und wie die „Geschmacks-Sprache“ wahrgenommen bzw. angenommen wird.

 

Test-Design: „Best Ager“ im Fokus

 

Anhand eines fiktiven Produkts – einer regionalen Brot-Spezialität zum Aufbacken – wurde die Wirkung der unterschiedlichen Informationselemente in Interviews getestet. Folgende neue Informationselemente wurden dafür bewusst in die Verpackungsgestaltung integriert: die sprachliche Beschreibung des Geschmacks, eine optische Orientierungshilfe für die Brotfarbe vor und nach dem Aufbacken sowie ein reaktives Informationselement, das die Haltbarkeit anzeigt. Die Erhebung erfolgte in individuellen Interviewsituationen anhand eines Produkt-Dummies. Befragt wurden ältere Zielgruppen („Silver agers“), weil sie einerseits in Zukunft die größte Verbrauchergruppe darstellen werden und andererseits aufgrund ihrer gesicherten Lebenssituation dem Essen im Allgemeinen ein größeres Interesse entgegenbringen.

 

Im Mittelpunkt der Interviews standen Fragen zu Inhaltsstoffen, Nährwerten, Gewicht, Herkunft und mögliche Geschmackserwartungen. Die Antworten, gepaart mit weiteren Kommentaren der Testpersonen und den Beobachtungen, wie und wo die Informationen gesucht werden, geben Aufschlüsse, wie ein verpacktes Produkt wahrgenommen wird und welche Informationselemente dabei von besonderer Bedeutung sind.

 

Ergebnisse der Studie: der Kontext zählt

 

Informationen auf Lebensmittelverpackungen müssen den Anforderungen der Verbraucher in ganz unterschiedlichen Konsumsituationen gerecht werden:

Zu verschiedenen Zeitpunkten erlangen unterschiedliche Aspekte Bedeutung im Kontakt mit dem Produkt:

 

Die Rolle des Erfahrungswissens der Verbraucher wird unterschätzt. Die Rolle einzelner Informationselemente wird überschätzt. Die Nutzungsqualität zeigt sich erst im produktbezogenen Handlungsablauf. Der Kunde sucht ganzheitliche „Lösungen“. Alle Elemente zusammen erzeugen erst eine „Kette der Glaubwürdigkeit“. Die wichtigsten Entscheidungshilfen für den Kunden sind kulturspezifisches Erfahrungswissen, der individuelle Geschmack, ein klares Profil sowie ein „runder“ Gesamteindruck.

 

Das Food Information Design benötigt klare Definitionen der gewünschten Nutzungserfahrung sowie mehr Platz für Informationsgestaltung in der Produktkonzeption. Bei der Gestaltung der Verpackungen muss der Nutzungskontext stärker mit einbezogen werden, vom Einkauf, über die Lagerung, die Zubereitung, den Verzehr und die Entsorgung. Für den deutschsprachigen Kulturraum gilt es außerdem, kulturspezifische Unterschiede stärker zu hinterfragen und der Herkunft und dem Geschmack im Food Design noch mehr Platz einzuräumen.