Manchmal ist weniger Angebotsdurcheinander und ein konzentriertes Angebot mehr als eine schwer einzuordnende Vielfalt. Das kann man heute sehr schön im deutschen Biofachhandel bei den modern aufgestellten Ketten wie zum Beispiel bei Dennree sehen: Da finden Biokunden mit Sonderwünschen schnell „ihre“ Ecke, ob nun glutenfrei, lactosefrei oder vegan.

In der Sortimentsarbeit heißt in diesen Bereich das Erfolgsmotto: Vielfalt ohne zu viele Doubletten. In den laktosefreien Drinks und Milch-Ersatzprodukten ist der Fachhandel einfach weit: Er bietet beispielsweise als Basis Hafer- und Sojaprodukte, bietet eine Vielfalt von Geschmacksrichtungen und Verwendungsideen. Kunden, die ursprünglich aus dem Umfeld konventioneller Lebensmittel kommen, brauchen hier sicher noch Hilfestellungen und Anregungen, um diese Möglichkeiten für sich und die eigene Ernährung zu entdecken.

Im Bereich der Fleisch- und Wurst-Ersatzprodukte ist der Lebensmitteleinzelhandel heute nahezu gleich vielfältig aufgestellt wie der Fachhandel. Der Bio-Fachhandel hat in diesem Bereich das Prä, dass er auch hier Kunden anspricht, die mit dieser Art der veganen und vegetarischen Ernährung weitaus vertrauter sind. Allerdings besitzt der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel auch die große Chance, die neuartigen veganen Produkte als Bereicherung neben Fleisch, Wurst und Käse zu profilieren und dies über den Geschmack und die Verträglichkeit. Gerade die Kunden einer konventionellen Küche lernen immer mehr, dass ein Übermaß tierischer Fette Herz, Kreislauf und Lebenserwartung unnötig beeinträchtigt. Das muss keinen ideologischen Feldzug gegen Fleisch und Fleischesser bedeuten.

Und dann noch dieses Thema glutenfrei: die Menschen mit einer Kleber-Unverträglichkeit sind hier nicht die einzigen Kunden. Es geht hier um Menschen, die in ihrer Verdauung die höhere Verträglichkeit von Lebensmitteln ohne Gluten schätzen. Menschen, die vielleicht auch für sich bemerkt haben, dass stark kleberhaltige Backprodukte auf die Dauer dazu führen, dass man zunimmt. In diesem Bereich beweist der Bio-Fachhandel Mut, weil er auch Produkte anbietet, die erstens etwas hochwertiger sind und die zweitens sich nicht sofort jedem erschließen. Man muss erst lernen, dass beispielsweise der Name „Blumenbrot“ sagen will, dass Hirse eben der Samen einer Pflanze ist und deshalb anders als klassisches Getreide. Im LEH ginge so etwas nicht ohne weitere Erklärungsarbeit. Aber auch das könnte sich lohnen.

Es wäre sicherlich auch für die Zukunft in Summe falsche, diese Art von neuer Nachfrage unter dem Label „Ach diese Armen“ oder „Ja, die Unverträglichkeiten und Allergien nehmen zu“ tendenziell mitleidig abzubuchen. Das ist vielleicht auch ein Ansatz für mehr Lebensqualität, einen verträglichen Geschmack eine Ernährung mit mehr Substanz – ganz sicher kein Verzicht. Und, um es ehrlich zu sagen: dazu brauchen wir in den Lebensmittelmärkten mehr Menschen, die eine derartige Ernährung selbst kennen, dazu zumindest ein Verhältnis besitzen und eben auf diesem Level mitreden können.